Vor Gott sind alle Menschen gleich

von Hartmut Metzger

Hartmut Metzger

Alle Menschen stammen von Adam und Eva ab, damit sich keiner über den einen oder den anderen erhebe, lautet ein rabbinisches Sprichwort. Angeblich gibt es schwarze, weiße, ­rote und gelbe Menschen. Tatsächlich sind sie aber dick und dünn und groß und klein – manche davon vielleicht klüger und andere doofer. Das sind dann aber schon jene menschlichen Betrachtungsweisen, über deren Folgen uns die Schriften des Alten und des Neuen Testaments hinreichend Auskunft geben.

Vor Gott sind alle Menschen gleich, erklärt Paulus gleich mehrfach in seinen Briefen an die ersten Gemeinden im 1. Jahrhundert unserer Zeitrechnung. Und wir Christen im gar nicht mehr so jungen 21. Jahrhundert sollten uns fast 2000 Jahre später mit dieser Einsicht versöhnen: Sie stimmt. Vor ihm sind sie alle gleich, ob dick oder dünn, ob schwarz oder weiß – ob schwul oder lesbisch.

Wir Christen sollten uns fast 2000 Jahre nach Paulus einmal gründlich darüber Gedanken machen, über was wir eigentlich streiten. Über die sogenannte „Homoehe“, die es weder im Staat noch in der Kirche gibt? Über den Selbsterhaltungstrieb alter Männer in der Evangelischen Allianz, die keine Frömmigkeit ertragen können, die sie nicht selbst erfunden haben? Oder etwa doch über das, was „Christum treibet“ und „dem Leben dient“: Beides ist entscheidend, sonst nichts.

Nicht entscheidend ist auf jeden Fall dieser unsägliche Streit über die – nennen wir es einmal so – „kirchliche Verarbeitung“ homosexueller und lesbischer Partnerschaften. Sie sind da und nicht selten in der Mitte der Gemeinde! Sie tragen Verantwortung im Presbyterium und im Pfarramt! Es ist noch nicht lange her, dass es in Deutschland ein „Drittes Reich“ und in dieser Bundesrepublik den Paragrafen 175 gab. Alle Christen sollten sich darüber freuen, dass es alle Christen gibt! Freude, Freude, Freude – und dann kommt das Kirchenrecht.

Nachdem die rheinische Landessynode die Trauung gleichgeschlechtlicher Partner beschlossen hat, können sich diese Paare, sofern sie in der Pfalz wohnen, selbstverständlich in die Kirchenbücher ihres Wohnorts eintragen lassen. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) beweist auch in dieser Frage deutlich mehr Zusammenhalt als die EU. Aber die pfälzische Landeskirche hat im Jahr 2002 für sich selbst eine Regelung beschlossen, die anderes besagt: Sie segnet die Menschen ohne Amtshandlung und trägt diese Segnung daher auch nicht in die Kirchenbücher ein.

Wenn aber der Eintrag einer rheinischen Amtshandlung, die es in der Pfalz nicht gibt, in pfälzische Kirchenbücher erfolgt, ist der Gesetzgeber der Landeskirche, die Landessynode, am Zug. Und das wird spannend werden: Der Autor der Regelung von 2002 heißt Christian Schad. Damals war er Oberkirchenrat, heute ist er Kirchenpräsident und einer der fundiertesten Theologen in der EKD.

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