Mit Ausgrenzen ist es nicht getan

von Wolfgang Weissgerber

Wolfgang Weissgerber

Wie soll die Kirche mit Rechten, mit Rassisten und Populisten umgehen? Der Katholikentag hatte zu seinem Leipziger Treffen im Mai die rechtspopulistische, in Teilen offen rechtsradikale AfD kurzerhand ausgeladen. Auch der Deutsche Evangelische Kirchentag hat sich eindeutig positioniert und will auf seinem Treffen nächstes Jahr in Berlin und Wittenberg niemandem ein Podium bieten, der sich „rassistisch äußert“ oder „Äußerungen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ macht. So weit, so gut. Man muss sie ja nicht auch noch dazu einladen, vor Tausenden Menschen zu pöbeln.

Aber das ist das geringste Problem. Diskussionsbedarf gibt es weniger beim Umgang auf der großen Bühne als bei der Begegnung im Alltag. Rassismus und Populismus gedeihen schließlich auch im protestantischen Milieu. Prominentestes Beispiel ist die AfD-Chefin Frauke Petry, die lange mit einem evangelischen Pfarrer verheiratet war, einst die Orgel spielte und im Chor sang.

Die Frage, ob ein Mitglied dieser Partei bei Kirchenvorstandswahlen antreten darf, haben leitende evangelische Geistliche durchaus unterschiedlich beantwortet. Der Berliner Bischof Markus Dröge lehnt dies zumindest für solche AfD-Politiker ab, die sich mit menschenfeindlichen Äußerungen hervortun. „Einfache“ Mitglieder dürften dafür aber nicht in Haftung genommen werden. Das findet auch die mitteldeutsche Bischöfin Ilse Junkermann: AfD-Mitglieder dürften nicht „ausgestoßen“ werden. Mit Ausgrenzen, Totschweigen oder Niederbrüllen ist es also nicht getan. Das würde die AfD-Mitglieder umgehend zu Opfern machen, jeden Dialog verhindern und womöglich zu Solidarisierungen führen. Äußerungen wie die der evangelischen AfD-Europaabgeordneten Beatrix von Storch, Flüchtlinge notfalls durch Schüsse am Grenzübertritt zu hindern, lassen allerdings keinerlei Dialog mehr zu. Da sind klare Worte nötig: So nicht!

Wer sich jedoch, ob zu Recht oder nicht, Sorgen um seine Sicherheit und seine Zukunft macht, der sollte ernst genommen werden. Die Angst vor Übergriffen fremder Menschen trägt häufig rassistische Züge. Doch nicht jeder, der sich sorgt, ist automatisch rechtsradikal, sondern meist noch mit Argumenten zu erreichen. Viele Gemeinden engagieren sich für Flüchtlinge und müssen damit rechnen, dass nicht jedes ihrer Mitglieder damit einverstanden ist. Ihnen muss man sagen, dass Fremdenfeindlichkeit der christlichen Botschaft widerspricht. Zugleich muss man ihre Sorgen ernst nehmen. Das ist ein heikles Unterfangen, doch es ist dringend notwendig.

Die AfD hat bei ihren jüngsten Erfolgen Ergebnisse um die 20 Prozent erzielt. Das heißt aber zugleich: Vier Fünftel der Wähler und 100 Prozent der Nichtwähler haben nicht für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit gestimmt. Das ist ermutigend, und darauf lässt sich in vielen Diskussionen aufbauen – auch in den Gemeinden.

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