Israels Strategie und Palästinas Sorge

von Peter Burghold

Peter Burghold

Nach acht Jahren Präsidentschaft von Barack Obama ist aus palästinensischer Sicht von einstiger Hoffnung auf ein gerechtes, friedliches Miteinander mit Israel nichts geblieben. Die Phase von vorsichtigem Optimismus ist schon länger vorbei, und die aktuellen Äußerungen aus dem Weißen Haus haben auch keinen mehr interessiert. Ernüchterung pur allenthalben.

In Ramallah und im Westjordanland, bei den Politikern und den Bewohnern, zählen die Fakten. Und die sind aus palästinensischer Sicht eindeutig und unübersehbar: Benjamin Netanjahu und seine rechtsgerichtete Regierung haben nach der Wahl 2015 in ihrer Siedlungspolitik noch einmal eine Gangart härter eingeschlagen. Überall entstehen heute neue Dörfer, die morgen schon Städte sind. Der Einfluss der Siedlerpartei „Jüdisches Heim“ sprengt alles bisher Dagewesene.

Multiminister Avigdor Lieberman geht da mit spektakulärem Beispiel voran: Er hat sich vor einigen Jahren demonstrativ in einer neuen Siedlung am Fuße des Denkmals Herodium in der Judäischen Wüste niedergelassen; einem Ur-Palästina-Gebiet. Noch vor gut zehn Jahren gab es hier nicht ein einziges festes Gebäude. Wo keine Häuser gebaut werden, fällt man weiterhin ohne Ankündigung Olivenbäume auf alten Plantagen, um die Mau­er zu vervollständigen. In Palästina spricht man von „Landraub“. Auf jeden Fall werden Fakten geschaffen, die eine Zwei-Staaten-Lösung immer unwahrscheinlicher machen.

Da nützt es auch nichts mehr, wenn die USA die UN-Resolution gegen den Siedlungsbau ohne Veto passieren lässt und Außenminister John Kerry in der Sache so deutlich wird wie noch nie. Seinen deutschen Kollegen bringt er damit sogar in eine Argumentationsklemme, denn bisher war es bei diesem Thema für deutsche Politiker einfach: Man musste sich nur der US-Meinung anschließen und hatte so dem entsprochen, was die Kanzlerin einst als Staatsräson manifestierte.

In Palästina jedenfalls herrscht nach dieser amerikanischen Offensive eher Gleichgültigkeit, große Sorge allerdings angesichts allem, was man aus dem Lager des designierten Präsidenten Donald Trump hört. Seine Äußerungen und Personalentscheidungen werfen gerade in diesem Kontext eine Fülle von Fragen auf. Und plötzlich werden sowohl in den USA als auch in Israel jene Stimmen immer lauter, die sich nicht hinter diplomatischen Floskeln verstecken, sondern deutlich vernehmlich die Zwei-Staaten-Lösung als gescheitert betrachten und keine Angst haben, das Wort „Annexion“ zu gebrauchen. Im Grunde ist das ständige Ausweiten von Siedlungen der erste Schritt dazu.

Es ist kaum vorstellbar, dass ein Donald Trump unter dem Einfluss starker jüdischer Kräfte in seiner unmittelbaren Umgebung auch nur eine Hand reicht in Richtung Ramallah.

Der Autor ist Journalist und Mitarbeiter des evangelischen Projekts „Abrahams Herberge“ in Beit Jala.

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