Weniger Frauen in der Landessynode

Anteil ist auf unter ein Drittel gesunken – Spitz-Jöst: Art der Gremienarbeit könnte ein Grund sein

Seit vielen Jahren einzige Frau in der Kirchenleitung: Oberkirchenrätin Karin Kessel auf einer Sitzung der Landessynode. Foto: Landry

Auszählung: Die konstituierende Sitzung der Landessynode ist traditionell von vielen Wahlen geprägt. Foto: Landry

In der neuen Landessynode sitzen deutlich weniger Frauen als in der Vorgängersynode. 2009 betrug der Frauenanteil fast 48 Prozent. Sechs Jahre später sind es nur noch 32,3 Prozent. Auch die Zahl der Pfarrerinnen in dem höchsten kirchlichen Gremium ist gering. Von 22 Theologenplätzen sind nur sechs von Frauen besetzt. „Diese Entwicklung überrascht mich nicht, aber sie betrübt mich“, sagt dazu die Gleichstellungsbeauftragte der Landeskirche, Pfarrerin Belinda Spitz-Jöst.

Es sei oft zu beobachten, dass Frauen für höhere Ämter erst gar nicht kandidierten, sagte Spitz-Jöst. Die Zahlen der Landeskirche belegen dies: Für die 62 Sitze in der Landessynode haben sich in den Bezirkssynoden 107 Kandidaten beworben. Davon waren nur 37 Frauen. Wenn Frauen also kandidieren, werden sie häufig auch gewählt. Und ausreichend Kandidatinnen sind theoretisch da. Der Frauenanteil in den Presbyterien beträgt 60 Prozent.

In der Landeskirche müsse nun darüber nachgedacht werden, warum höhere Ämter für Frauen so unattraktiv sind, fordert Spitz-Jöst. Vermutlich habe dies mit der oft hohen Belastung durch Beruf und Familie zu tun und mit der Art, wie in Gremien gearbeitet werde, die Frauen oft nicht effektiv genug sei. Ihre Hoffnung sei, dass die Synode bald eine weibliche theologische Oberkirchenrätin wählt. „Das hätte Vorbildcharakter.“ Und eine solche Wahl könne dazu ­beitragen, die strukturellen Abschreckungsmechanismen der Gremienarbeit für Frauen zumindest zu verringern.

Strukturelle Gründe vermutet auch Claudia Kettering, theologische Referentin im Fachbereich Frauen der Arbeitsstelle Bildung und Gesellschaft, hinter der Zurückhaltung von Frauen bei der Kandidatur. Frauen seien pragmatisch, wollten anpacken und ausprobieren, sagt sie. Dafür sei die oft zähe Arbeit in Gremien nicht unbedingt geeignet. Allerdings fielen in den Gremien weitreichende Entscheidungen. Deshalb sei es wichtig, dass Frauen daran ausreichend beteiligt seien. Die Landeskirche sollte sich Gedanken machen, wie die Arbeit in der Synode so gestaltet werden könne, dass sie Frauen und Männern mehr Spaß mache, sagte Kettering. Das könne gelingen, wenn es weniger um Strukturdebatten, sondern mehr um Inhalte und Projekte gehe. koc

Die Stunde der synodalen Gruppen

In dieser Legislaturperiode gibt es drei Oberkirchenratswahlen – Synodales Forum als vierte Gruppe

Traditionell ist die konstituierende Sitzung einer Landessynode von Wahlen bestimmt. So wird es auch bei der ersten Tagung der 12. ordentlichen Landessynode nach 1945 vom 16. bis 18. Juli in Speyer sein. Die Synodalen wählen ihr Präsidium, die synodalen Mitglieder der Kirchenregierung, entsenden Vertreter in die Pfründestiftung, in die Hauptversammlung des Diakonischen Werks und in die Kammer für Ausbildung. Außerdem werden die Ausschüsse besetzt und deren Vorsitzende gewählt. Auf der Tagesordnung stehen außerdem Berufungen. Bis zu sechs Personen darf die Synode berufen.

Bei solchen Wahlen schlägt immer auch die Stunde der kirchenpolitischen Gruppen (siehe unten). Entsprechend angespannt ist deren Führungspersonal. Noch ist nämlich nicht klar, wie groß die einzelnen Gruppen werden. Nicht alle neuen Synodalen haben schon entschieden, welchem dieser mehr oder weniger informellen Verbünde sie sich anschließen.

Neben den traditionellen drei Gruppen Kirchlich-Theologische Arbeitsgemeinschaft (KTA), Arbeitskreis Offene Kirche (AOK) und Synodaler Gesprächskreis (SGK) wird es in dieser Synode von Beginn an eine vierte Gruppe geben: das Synodale Forum. Als sich diese Gruppe im Laufe der zurückliegenden Legislaturperiode gründete, sagten führende Vertreter, sie wollten keine klassische synodale Gruppe sein und legten auf Ämter keinen Wert. Das ist inzwischen anders.

Der Donnersberger Dekan Stefan Dominke vom Forum stellt klar, dass auch seine Gruppe Zugang zu allen Informationen wolle und in allen Gremien mitarbeiten möchte, die Entscheidungen vorbereiten und fällen. Jetzt müssen also vier Gruppen versorgt werden, wenn es etwa um Plätze im Präsidium oder in der Kirchenregierung geht. Das wiederum bedeutet verstärkten Abstimmungsbedarf der Gruppen untereinander. Nicht dem Gruppenproporz unterliegt das Amt des Synodalpräsidenten. Hier wird der Geeignetste gesucht. Schließlich würde sich eine schlechte Wahl sechs Jahre lang rächen, wenn die Sitzungen nicht klar und effizient geführt werden. „Wir brauchen den Besten“, sagt dazu Helmuth Morgenthaler vom SGK. Und er fügt hinzu: „Der neue Präsident tritt ein schweres Erbe an, denn Henri Franck war ein sehr guter Präsident.“ Am besten sei es wohl, so Morgenthaler, wieder einen Juristen mit diesem Amt zu betrauen.

Großes Gewicht kommt den Gruppen dann wieder bei der Wahl der theologischen Oberkirchenräte zu. Bisher stellt jede der traditionellen Gruppen je einen Oberkirchenrat. Während der SGK-Mann Manfred Sutter in dieser Legislatur zur Wiederwahl steht, gehen Gottfried Müller (KTA) und Michael Gärtner (AOK) in den Ruhestand. Sowohl Ralf Neuschwander für die KTA als auch Dorothee Wüst für den AOK machen deutlich, dass ihre Gruppen die Stellen jeweils wieder besetzen wollen. Auch Morgenthaler signalisiert, dass er mit diesem Verfahren einverstanden wäre. Laut Dominke stehen die Oberkirchenratswahlen für das Synodale Forum noch nicht im Fokus. „Wir werden entscheiden, wenn es so weit ist.“ Es könnte also durchaus Bewegung in die alte Postenverteilung kommen.

Spannend wird auch werden, ob sich die Synode in dieser Legislaturperiode endlich dazu durchringen kann, eine Frau als theologische Oberkirchenrätin zu wählen. Erste Gelegenheit dazu wäre im November, wenn die Müller-Nachfolge bestimmt wird. „Bei gleicher Qualifikation sind wir dafür, eine Frau zu wählen“, sagt dazu Neuschwander. Wenn es allerdings einen sehr qualifizierten Mann gebe, spreche nichts dagegen, diesen vorzuschlagen. Über Kandidaten wird schon fleißig spekuliert. Bewerbungsschluss ist der 24. Juli, der Freitag nach der Synodentagung.

In ihrer ersten Sitzung wird sich die Synode außer mit Wahlen auch mit inhaltlichen Dingen beschäftigen. Ein Gesetz zur Bestätigung der allgemeinen Pfarrstelle Frieden und Umwelt soll beraten werden. Und die Synode will den Wandel des Pfarramts und des De­kans­amts diskutieren. Dieses Thema hatte schon die Vorgängersynode beraten, die ihren Nachfolgern empfahl, diese Beratungen fortzuführen. Klaus Koch

Die kirchenpolitischen Gruppen

Forum: Gemeinden sind der zentrale Ort

Das Synodale Forum hat sich im Laufe der vergangenen Legislaturperiode gegründet. Es besteht vor allem aus ehemaligen Mitgliedern des Synodalen Gesprächskreises. Das Forum fordert, dass alles kirchliche Handeln und alle or­ganisatorischen Veränderungsprozesse zur Förderung und Erhaltung der Gemeinden beitragen müssen. Gemeinden sind nach Auffassung des Forums nicht der einzige, aber der zentrale Ort, an dem sich Kirche ereigne. Deshalb sollen sie vor einer zunehmenden Zentralisierung und Ökonomisierung kirchlichen Verwaltungshandelns geschützt werden. Dem Forum gehört kein Oberkirchenrat an. Ansprechpartner ist Stefan Dominke, Dekan des Bezirks Donnersberg, Telefon 0 63 52 / 7 89 93 68. KB

SGK: Möglichst große Transparenz

Zum Beginn der vergangenen Legislaturperiode war der Synodale Gesprächskreis die jüngste und größte synodale Gruppe. Sie sieht die Zukunft der Kirche in mündigen und aktiven Gemeinden. Kirchenmitglieder sollen auf allen Ebenen mitgestalten und Verantwortung übernehmen. In der Synode ist es der Anspruch des Gesprächskreises, für größtmögliche Transparenz bei Entscheidungen zu sorgen. Als Basis ihrer Arbeit sieht der SGK starke Gemeinden und die synodal-presbyteriale Verfassung. Zum Gesprächskreis gehören sowohl Oberkirchenrat Manfred Sutter als auch Kirchenpräsident Christian Schad. Ansprechpartner ist der Ludwigshafener Landessynodale Helmuth Morgenthaler, Telefon 01 73 / 9 04 17 39. KB

AOK: Für eine einladende Kirche

Der Arbeitskreis Offene Kirche fühlt sich nach eigener Aussage dem liberalen Erbe der Landeskirche verpflichtet. In der vergangenen Legislaturperiode war der Arbeitskreis die drittstärkste Gruppe in der Landessynode. Er will unterschiedliche ethische und theologische Positionen diskutieren und nach verbindenden Positionen suchen. Wichtig ist dem AOK eine einladende Kirche, die lebendige Gottesdienste feiert, Gemeinschaft stiftet, Halt bietet, Rat und Hilfe gibt. Ein weiterer Schwerpunkt ist die religiöse Bildungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen. Mit Michael Gärtner stellt die Gruppe einen Oberkirchenrat. Ansprechpartnerin der Gruppe ist die Kaiserslauterer Dekanin Dorothee Wüst, Telefon 01 60 / 5 52 13 81. KB

KTA: Engagement für die Gesellschaft

Die Kirchlich-Theologische Arbeitsgemeinschaft beruft sich auf das Erbe der Bekennenden Kirche und der Befreiungstheologie. Die Gruppe besteht seit über 50 Jahren und war zu Beginn der vergangenen Legislaturperiode zweitstärkste Gruppe. Sie setzt sich dafür ein, dass die Kirchengemeinden auch in geänderten Strukturen zukunftsfähig bleiben. Außerdem steht die KTA für die gleichberechtigte Teilhabe von Weltlichen und Geistlichen an der Gestaltung der Kirche. Darüber hinaus tritt sie für das Engagement von Christen für die Gesellschaft ein. Die KTA stellt mit Gottfried Müller einen Oberkirchenrat. Ansprechpartner ist der Leiter des Prediger­seminars, Ralf Neuschwander, Telefon 0 63 41 / 55 68 05 60. KB

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