Ein aktives Statement gegen jede Form von Gewalt

Ludwigshafener Interventionsstelle gegen Gewalt in engen familiären Beziehungen besteht seit zehn Jahren – Steigende Fallzahlen

Bei der Feierstunde (von links): Landesdiakoniepfarrer Albrecht Bähr, Therapeutin Petra Baumgärtner, Heike Jung vom rheinland-pfälzischen Familienministerium und der Ludwigshafener Polizeipräsident Thomas Ebling. Foto: Konrad

Ludwigshafen. Gewalt stoppen, Opfer schützen und unterstützen, Täter in die Verantwortung nehmen: Das sind die Ziele der Ludwigshafener Interventionsstelle gegen Gewalt in engen familiären Beziehungen und Stalking, die im Haus der Diakonie angesiedelt ist. Jetzt hat die Einrichtung ihr zehnjähriges Bestehen gefeiert. In dieser Zeit wurden fast 3700 Frauen beraten – Tendenz steigend.

Gewalt in einer sozialen Beziehung kann jeden treffen, in jedem Alter, jeder sozialen Schicht und jeder Ethnie. Vor allem betroffen sind jedoch Frauen, sehr häufig auch die Kinder. Das verdeutlichten die Texte Betroffener, die während der Feierstunde im Ludwigshafener Haus der Diakonie vorgetragen wurden, und zwölf großformatige Fotografien zum Thema. Die Formen von Gewalt sind äußerst vielfältig: Die Frauen erleben psychische, physische, finanzielle, soziale Gewalt, oft in kombinierter Form. 90 Prozent der betreuten Frauen werden von der Polizei weitergeleitet, so sieht es das Konzept der Interventionsstellen vor.

Diese wurden im Zuge des rheinland-pfälzischen Interventionsprojekts gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen ab 2000 in ganz Rheinland-Pfalz eingerichtet. Die Ludwigshafener Beratungsstelle war bei ihrer Eröffnung die fünfte, heute gibt es 16 Interventionsstellen im Land, die von unterschiedlichen Trägern wie der Caritas, dem Diakonischen Werk oder auch autonomen Frauenhäusern getragen werden.

„Die proaktive Kontaktaufnahme, Krisenintervention, psychosoziale Beratung, Schutzmaßnahmen, Sicherheitsplanung und die Weitervermittlung ins Hilfesystem sind die Schwerpunkte unserer Arbeit. Eine langfristige therapeutische Betreuung bieten wir nicht an“, beschreiben die beiden Beraterinnen, die aus Sicherheitsgründen anonym bleiben möchten, ihr Tätigkeitsfeld. Die Leitlinie ihrer Arbeit ist dabei die Parteilichkeit für die Frauen. Besonders wichtig ist bei ihrer Arbeit die Vernetzung – einerseits mit der Polizei, andererseits aber auch mit anderen Beratungseinrichtungen, mit Jugendämtern, Jobcenter sowie Frauen- und Kinderschutzeinrichtungen.

In den zehn Jahren ihres Bestehens sind die Fallzahlen ständig gestiegen: Waren die Beraterinnen anfangs für den gesamten Einzugsbereich des Polizeipräsidiums Rhein-Pfalz mit 900 000 Einwohnern zuständig, ist die Beratungsstelle „nur“ noch für Ludwigshafen, Frankenthal und den Rhein-Pfalz-Kreis mit etwa 340 000 Einwohnern zuständig. Gleichzeitig erhöhten sich die Fallzahlen von anfangs knapp 140 auf heute durchschnittlich 400 im Jahr. „Allein bis zum 30. Juni haben wir in diesem Jahr fast 240 Frauen beraten“, nennt eine der beiden Beraterinnen die aktuellen Zahlen.

Für Diakoniepfarrer Albrecht Bähr ist die Interventionsstelle „ein aktives Statement gegen Gewalt“, denn sie mache deutlich, dass Gewalt in jeder Form weder ein Kavaliersdelikt noch akzeptabel sei. Umso wichtiger und wertzuschätzender, so Bähr, sei die Arbeit der Mitarbeiterinnen: „Wer hier arbeitet, kann und darf keine Routine entwickeln, muss sich jedes Mal neu einlassen auf die Situation und den Menschen, der Hilfe benötigt“, dankte er den Mitarbeiterinnen. rad

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