Auch der prachtvolle Pelikan ist wieder aufgetaucht

Kirchengemeinde Bad Dürkheim sucht Platz für ihren barocken Leininger Kanzelaltar – 1978 wegen Renovierung nach Speyer ausgelagert

Seit 1730 in der Kirche: Der Kanzelaltar wird zurzeit im Westerwald untersucht. Foto: pv

30 Jahre lang schien ihn niemand zu vermissen: Vor drei Jahren tauchte der verschollene barocke Leininger Kanzel­altar aus der Schlosskirche in Bad Dürkheim in Speyer wieder auf. Jetzt diskutiert die Gemeinde darüber, was mit dem Prachtstück geschehen soll.

Die Bad Dürkheimer Dekanin Ulla Hoffmann weiß nicht so recht, ob sie sich über die Heimkehr des fast zweieinhalb Jahrhunderte alten barocken Leininger Kanzelaltars freuen soll. Vor drei Jahren wurde das verschollene Prachtstück auf dem Dachboden des Werkshofs der Diakonissen Speyer-Mannheim in Speyer gefunden: zerlegt in mehr als 100 Einzelteile.

Die Vorgeschichte: Bei der Innen­renovierung der Bad Dürkheimer Schlosskirche im Jahr 1978 wurde der mit einer Kanzel geschmückte lutherische Altar abgebaut, nach Speyer transportiert – und dort vergessen. Einen weiteren lutherischen Kanzelaltar gibt es in der Paulskirche im nordpfälzischen Kirchheimbolanden.

Im Jahr 2012 erhielt Gemeindepfarrer Markus Linde einen Telefonanruf aus Speyer: Man möge das Eingelagerte doch bitte abholen, weil der Platz gebraucht werde. Der Pfarrer und Mitglieder seines Presbyteriums packten an und brachten den mit Blattgold verzierten Altar mit dem Lastwagen zurück in den Heimatort. Weitere drei Jahre gingen ins Land. Nun diskutiert die Kirchengemeinde die Frage, was mit dem edlen Stück geschehen soll. Nach dem Brand der Schlosskirche 1689 im Pfälzischen Erbfolgekrieg gegen Frankreich hatte das Adelsgeschlecht der Leininger den Altar im Jahr 1730 gestiftet.

„Mir war nicht klar, dass der Altar so wertvoll ist“, gesteht Dekanin Hoffmann. Derzeit wird der zerlegte und beschädigte Altar in Altenkirchen im Westerwald von einer Restauratorin unter­sucht, die eventuelle Restaurierungskosten ermittelt. Stilistisch passt er möglicherweise kaum mehr ins modernisierte Innenraumkonzept der frühgotischen Schlosskirche, der Grablege der Leininger Fürsten. Dekanin Hoffmann denkt auch über einen Platz für den Kanzelaltar „im Museum“ nach.

Der Altar sollte unbedingt wieder an seinen alten Standort in der Schlosskirche zurück, appelliert Restauratorin Esther Nickel. „Er entfaltet seine wirkliche Wirkung nur in seinem für ihn erdachten Raum.“ Bis Ende des Monats will sie ihr Gutachten bei der Kirchengemeinde abgeben. Momentan ist sie mit „Sichten, Sortieren, Recherchieren und Dokumentieren“ beschäftigt.

Groß seien die Schäden, die „das Kunstwerk“ durch den groben Abbau und die falsche Lagerung davongetragen habe, klagt die Restauratorin. Vieles deute darauf hin, dass der Kanzelaltar von dem Zimmermann Christian Dathan gebaut wurde, der auch die Altäre in der Speyerer Dreifaltigkeitskirche und in der protestantischen Kirche von Rhodt unter Rietburg schuf. Das deckt sich mit der Einschätzung des Experten für pfälzische Kirchengeschichte, Ruhestandspfarrer Bernhard H. Bonkhoff, aus Großbundenbach.

„Die Verantwortung für den Leininger Altar liegt bei der Kirchengemeinde“, betont Nickel. Eine Restaurierung, aber auch eine mögliche Einlagerung mit nötigen konservierenden Maßnahmen, würde eine beträchtliche „Hausnummer“ kosten. Doch zu schade wäre es, wenn das einst imposante, barocke Kleinod wieder auf einem Speicher verschwinden würde, sagt sie. „Die Schlosskirche würde so etwas von aufgewertet werden durch den Altar“, ist ihr Argument.

Neulich reiste das Presbyterium der Kirchengemeinde Bad Dürkheim zur Restauratorin nach Altenkirchen, um den Altar zu begutachten. „Jeder war erstaunt darüber, es ist ein Geschenk“, so Dekanin Hoffmann. Derzeit schreibt sie Anträge auf Fördergelder etwa bei der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und wirbt um Spenden. Bis Oktober soll nun über die Zukunft des Altars entschieden werden. Die verschwundene Bekrönung – ein prachtvoller Pelikan, der seine Jungen mit seinem Blut nährt – ist übrigens ebenfalls wieder aufgetaucht: Er fand sich quasi als Dauerleihgabe in der Martinskirche in Grünstadt. all

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