Mit kleinem Einsatz Großes bewegen

Sternsingen wird immaterielles Kulturerbe – Ökumenische Gemeinschaftsaktionen heute weit verbreitet

Vorbereitung auf den Sternsinger-Einsatz: Schüler bei der Probe in der Neustadter Albert-Finck-Grundschule. Foto: LM

Wir grüßen herzlich dies freundliche Haus. Ein neues Jahr hat begonnen. Wir sprechen die besten Wünsche euch aus: Der Herrgott sei euch wohlgesonnen – so und ähnlich heißen die Sternsinger zum Jahreswechsel alle willkommen, die ihnen die Türen öffnen. Fast überall in Deutschland sind sie unterwegs. Rund eine halbe Million Kinder und Jugendliche, die häufig einen auf einer Stange montierten Stern mit sich tragen. Oft sind sie als Könige und Hirten verkleidet und erinnern so an die Botschaft des Dreikönigstags: an den Krippengang einiger Magier, die als erste Verehrer Jesu gelten.

Fast eine Milliarde Euro haben die Sternsinger seit 1959 für fast 70 000 Projekte in aller Welt gesammelt und damit die Kinderhilfe von Lateinamerika bis Osteuropa gefördert. Längst ist das Sternsingen nicht mehr konfessionsgebunden, arbeiten katholische und evangelische Gemeinden bei der Organisation zusammen, reihen sich auch muslimische Kinder in die Sternsingergruppen ein. Gerade das war jetzt auch der Grund für die deutsche Unesco-Kommission, den Brauch als immaterielles Kulturerbe aufzunehmen.

Auch in der Pfalz wird die ursprünglich katholische Aktion seit vielen Jahren zum Teil ökumenisch umgesetzt. In der Gemeinde Neustadt-Hambach gehen seit 1962 Kinder aller Konfessionen gemeinsam von Haus zu Haus, um Spenden für benachteiligte Kinder in aller Welt zu sammeln. „Kinder helfen Kindern“ ist das Motto, das viele Grundschulkinder motiviert, bei den Sternsingern mitzumachen, berichtet Herta Witthöft, die seit mehr als zehn Jahren mit ihrem Mann Hartwig die Aktion organisiert. „Die Kinder werden so für die Not Gleichaltriger sensibilisiert“, sagt sie. Für die jungen Menschen sei es sehr erfüllend, dass sie mit ein bisschen Einsatz etwas bewegen können.

In diesem Jahr werden vom 2. bis 11. Januar mehr als 20 Gruppen durch das pfälzische Weindorf marschieren und mit Gesang, Sprüchen sowie den berühmten Kreidezeichen „20 * C + M +
B * 16“ über der Haustür Geld für notleidende Kinder sammeln.

Aus Zeitgründen und damit alle Häuser der Gemeinde angesteuert werden können, sind die Sternsinger an mehreren Tagen unterwegs. „Wir möchten, dass so viele Kinder und Betreuer wie möglich teilnehmen können, und das ist an einem einzigen Tag nicht umzusetzen“, sagt Herta Witthöft. In Hambach wird traditionell der Senegalhilfe-Verein der ehemaligen Landessynodalen Doris Racké aus Trippstadt unterstützt. Des Weiteren werden Spendengelder auch an ein Bildungs- und Freizeitzentrum in Peru und in ein Nothilfeprogramm für syrische Flüchtlingskinder im Libanon fließen. Die Eignung der Projekte und die Verwendung der Gelder überwacht das katholische Kindermissionswerk in Aachen, das die Spendengelder zentral sammelt und dann auf verschiedene Hilfsprojekte verteilt. Die Spenden werden von dort aus ohne Verwaltungsverlust an die Empfänger weitergeleitet.

Die Ursprünge des Sternsingerbrauchs sind umstritten. Mitte des 16. Jahrhunderts wurden Sternsinger erstmals schriftlich erwähnt. Kinder und Jugendliche aus armen Familien sind damals oft wochenlang singend umhergezogen, um mit sogenannten Heischegängen Geld für sich und ihre Familie zu sammeln. Im 18. Jahrhundert ist das Sternsingen in vielen Städten zum Bettelbrauch mutiert, an dem sich vornehmlich Erwachsene beteiligten. In diesem Umfeld registrierten die Behörden Straftaten wie Hausfriedensbruch und Raufereien, ja sogar Mord. Angesichts zunehmender Kollateralschäden gingen deshalb auch die Katholiken auf zunehmende Distanz zum Dreikönigsbrauch. Mitte des 19. Jahrhunderts war dieser weitgehend verschwunden.

Wo er am Leben blieb oder gar neu aufgelegt wurde, stand er unter pädagogischer Aufsicht. Ende des 19. Jahrhunderts wurden vielerorts drei umherziehende Knaben registriert, von denen ­einer als „Mohrenkönig mit rußgeschwärztem Gesicht“ eine Stange mit drehbarem Stern trug, heißt es in einer Chronik. Lehrer und Pfarrer gaben dem Sternsingen einen neuen Sinn. Statt für das eigene wurde jetzt für das gemeine Wohl gesammelt. Zunächst lokal für soziale und karitative Zwecke, in der NS-Zeit regional für das Winterhilfswerk, schließlich bundesweit für die Mission.

Zunächst war die katholische Jugend wichtigster Förderer des Brauchs. 1958 übernahm das „Päpstliche Missionswerk der Kinder in Deutschland“ die Initiative und organisierte 1959 erstmals eine gemeinsame Sammelaktion für Missionsprojekte in Afrika und Asien. Rund 90 000 Mark kamen bei der Premiere zusammen. Inzwischen gibt es jährlich zum Jahresende eine für die ganze Bundesrepublik zentral organisierte Aussendungsfeier, der ähnliche Veranstaltungen auf Bistumsebene folgen. Ministerpräsidenten empfangen die Sternsinger inzwischen ebenso wie Bundeskanzler, die seit 1984 ausgesuchte Gruppen in ihren Amtssitz laden.

Für die Hausbesuche hält das Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ ein Werkbuch mit zahlreichen Texten und Liedern bereit. Günter Schenk/KB

Für Kinder: Worum geht es am Dreikönigsfest?

Das Fest der „Heiligen Drei Könige“ ist immer am 6. Januar. Der Tag erinnert an Jesus in der Krippe. Christen glauben, dass Gott damals in der Welt erschienen ist. Mit Jesus wurde er für sie sichtbar. Der Tag wird daher auch Epiphanias genannt. Das leitet sich vom griechischen Wort „epiphaneia“ ab und steht für „Erscheinung“.

Der katholischen Kirche ist der Dreikönigstag sehr wichtig. Sie schickt jedes Jahr Hunderttausende Kinder los. Immer Anfang Januar klingeln die Sternsinger an den Türen. Ihre Kostüme sollen an die Heiligen Drei Könige erinnern, die das Jesuskind nach seiner Geburt im Stall von Bethlehem besucht haben. Die Sternsinger spenden nicht nur Segen, sondern sie bitten auch um Geld. Das ist für arme Kinder gedacht. Vor einem Jahr kamen so über 45 Millionen Euro zusammen.

Bei ihrem Besuch schreiben die Sternsinger einen Segen über die Tür. Da steht  dann „20 * C + M + B * 16“. In dem Segen stecken die Jahreszahl sowie die lateinischen Wörter „Christus mansionem benedicat“ – Christus segne dieses Haus. Die Buchstaben C+M+B stehen auch für die Namen der Heiligen Drei Könige Caspar, Melchior und Balthasar. Über die können wir in der Bibel nachlesen. Im Matthäusevangelium steht, dass sie das Jesus-Kind im Stall besucht haben. Dort ist die Rede von Weisen oder Sterndeutern aus dem Morgenland. Dass es sich um Könige gehandelt haben soll, erzählten sich die Menschen erst später. Die Männer hatten kostbare Geschenke dabei: Gold, Weihrauch und Myrrhe. So wurden sie zu Königen. Auch ihre Namen erhielten sie erst viel später. Da wurde über Balthasar erzählt, dass seine Haut farbig war.

Der Name Caspar bedeutet auf Persisch Schatzmeister. Er soll den Weihrauch zur Krippe gebracht haben. Melchior kommt aus dem Hebräischen und heißt übersetzt König des Lichtes. Er trug das Gold. Balthasar bedeutet in der aramäischen Sprache Gott schütze das Leben des Königs. Er brachte dem Jesuskind die Myrrhe. epd

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