Von Gerüchten verschwörerischer Weltenlenker

Kaiserslauterer Freimaurerloge „W. A. Mozart 965“ gibt Blick hinter die Kulissen frei – Rituale der Tempelarbeiten bleiben geheimnisumwittert

Symbolträchtig: Der Platz des Freimaurermeisters im Lauterer Logenhaus. Fotos: view

Mysterien, Rätsel und Geheimnisse ranken sich auch heute noch um die Aktivitäten der Freimaurer. Romane wie Dan Browns „Sakrileg“ oder „Das verlorene Symbol“, millionenfach verkaufte Bestseller, haben Gerüchte über diese zumeist in Männerbünden organisierten Zusammenkünfte und diverse Geheimbünde immer weiter angeheizt. Sind Freimaurer tatsächlich verschwörerische Weltenlenker, wie sie oft in der Fiktion dargestellt werden? Oder sind sie nur harmlose, nach der Wahrheit suchende Humanistengruppierungen?

Peter Floch ist einer von ihnen. Seit 2013 hat er als sogenannter „Meister vom Stuhl“ den Vorsitz der Kaiserslauterer Johannisloge „W. A. Mozart 965“ inne. Der aus Saarbrücken stammende Opernsänger engagiert sich seit 2009 für die Freimaurer und kann über wilde Verschwörungstheorien nur milde lächeln. „Ein großes Geheimnis ist unser Bund ja nun wirklich nicht“, sagt er schmunzelnd. „Das einzig Geheimnisvolle sind die Rituale unserer Tempelarbeit“, führt er weiter fort. Und die sollten auch zukünftig nicht nach außen getragen werden.

„Arbeiten“ nennen die Freimaurer ihre einmal monatlich stattfindenden rituellen Handlungen. Der Tempel ist der Ort, an dem die „Arbeit“ der Freimaurer vollzogen wird. Sie soll das Bewusstsein der Brüder und Einzuweihenden erweitern und den Zusammenhalt der Loge stärken. „Uneingeweihte könnten sich diese rituellen Handlungen wie eine Art Meditation vorstellen“, erklärt Peter Floch. Diese symbolträchtigen Handlungen böten den Brüdern spirituelle und emotionale Erlebnisse, die sich Flochs Angaben zufolge kaum in Worte fassen lassen.

Auf die Frage, warum um die rituellen Inhalte so ein Geheimnis gemacht wird, antwortet Floch: „Würden wir jedem die Rituale offenlegen, ginge der mystische Effekt verloren, der unsere Zusammentreffen ausmacht.“ Das Überraschungsmoment gehöre für die Neulinge, im freimaurerischen „Lehrlinge“ genannt, einfach dazu.

Der Begriff „Freimaurer“ ist vom englischen Begriff „freestone mason“, der Handwerker, der kunstvoll Steine bearbeitet, abgeleitet. Die Freimaurerei entwickelte sich aus den großen Dom-Bauhütten des Mittelalters. Steinmetze, Maurer und Decker, die am Bau sakraler Gebäude tätig waren, schlossen sich damals zu einem Bund zusammen. Handwerkliches Wissen und geheime Rituale verbanden die Männer. Freimaurerische Symbole wie Zirkel und Winkel weisen noch heute auf diese Ursprünge hin.

Erklärtes Ziel der Freimaurer ist die innere Erneuerung und ein steter Versuch der Selbstvervollkommnung, berichtet Peter Floch. Es sei das höchste Ziel, an sich selbst zu arbeiten, um als Mensch wachsen zu können. „Vielleicht ist der Gedanke etwas naiv, aber wir versuchen mit unserem Tun auch immer die Welt ein bisschen besser zu machen“, sagt der Logenmeister und fügt an: „Also ich persönlich bin lieber ein Gutmensch, als ein Schlechtmensch, um es mit den aktuellen Begrifflichkeiten auszudrücken.“

Deutschlandweit haben sich ungefähr 20 000 Menschen der Freimaurerei und ihrer Erziehung zu Wohltätigkeit, Toleranz und Nächstenliebe verpflichtet. „Der Einstieg ist unkompliziert“, sagt Floch. Einmal monatlich finde ein Gästeabend statt, an dem Interessierte, von den Brüdern „Suchende“ genannt, teilnehmen könnten und einen ersten Einblick erhielten. Über den Aufnahmeantrag werde nach einigen Monaten im Bruderkreis nach einem alten Brauch, der „Kugelung“, mit weißen und schwarzen Kugeln abgestimmt. Dem Aufzunehmendem werde ein Bürge zur Seite gestellt, der ihm auch nach seiner Aufnahme bis zur Erlangung des Meistergrads zur Seite stehe.

Dass die Freimaurer meist reine Männerbünde sind, wird ihnen oft als diskriminierend angelastet. „Das sind wir aber keinesfalls“, betont Floch. Es gebe durchaus gemischte und reine Frauenlogen. „Wir halten es aber einfach für besser, unter uns zu sein“, erklärt er weiter. „Wir Männer neigen ja gerne dazu, uns in Gegenwart von Frauen etwas aufzuspielen, und das kann einem ehrlichen Gedankenaustausch abkömmlich sein.“ Frauen würden aber regelmäßig mit einem Schwesternfest geehrt und seien generell hochgeachtet.

Die Kaiserslauterer Loge, die sich mit ihrem Namen auf den berühmten Komponisten und Freimaurer Wolfgang Amadeus Mozart beruft und somit ihre besondere Affinität zu den musischen Künsten zum Ausdruck bringt, ist 1983 aus der Kaiserslauterer Loge „Galilei 810“ hervorgegangen. Unstimmigkeiten und verschiedene Interessen haben nach Angaben Flochs zur Aufspaltung geführt. Die Zusammenarbeit funktioniere heute schon viel besser und kumuliere im gemeinsamen Feiern des Johannisfestes am 24. Juni, dem offiziellen Gründungsdatum der Freimaurerei im Jahr 1717, und gegenseitigen Besuchen bei Tempelarbeiten.

Heute zählt die Mozart-Loge über 20 Mitglieder, von denen allerdings einige nicht aktiv sind, sagt Floch: „Das ist unser größtes Problem und sieht in anderen Logen unseres saarpfälzischen Distrikts auch nicht besser aus.“ Dass die Mitglieder schwinden, liegt nach Flochs Auffassung auch an der mangelnden Öffentlichkeitsarbeit der Logen. „Freimaurer müssen sich stärker in die Gesellschaft einbringen und sich einmischen“, fordert er.

„Wir bekommen oft zu hören, dass wir doch nur eine verkappte und geheimnistuerische Sekte seien,“ seufzt Floch, „doch wir verstehen uns weder als Religion, noch als Geheimbund.“ Religiöse Bezüge ließen sich natürlich nicht verschweigen. Immerhin liege die Bibel, oder ein anderes heiliges Buch, als Symbol und sogenanntes „erstes großes Licht“ auf dem freimaurerischen Altar. Winkel und Zirkel bildeten das zweite und dritte große Licht. Die Bibel werde allerdings eher abstrakt wahrgenommen, als ethisches Dokument und allgemein verpflichtende Sittenlehre. Eine Pflicht zum Glauben bestehe nach den Regeln der Freimaurerbruderschaften, den sogenannten „Alten Pflichten“, nicht.

Übersinnlichkeit spielt im gesamten Wirken der Freimaurer eine entscheidende Rolle. Dem unvollkommenen Menschen wird das Sinnbild des „Großen Baumeisters aller Welten“, einem unerreichbaren Ideal, entgegengehalten. Er steht für das Prinzip ethischer Verantwortung und die Verkörperung eines überreligiösen Schöpfers und Weltenbewahrers.

Freimaurer sind stets Lichtsuchende, die der Wahrheit verpflichtet sind, sagt Floch. Aufklärerisches Gedankengut und einen Hang, gegen Obrigkeiten aufzubegehren, sei den Brüdern schon immer inhärent gewesen, und davor sei auch die Kirche nie verschont geblieben. Die brüderlichen Treffen seien generell als Seismografen für alle möglichen gesellschaftlichen Tendenzen zu verstehen, positiv wie negativ. „Ein Freimaurer muss aber erst einmal an sich selbst, am eigenen rauen Stein arbeiten, bevor er wertet“, ist der Sänger überzeugt. „Jeder Stein ist einzigartig, doch erst mit vielen Steinen kann eine Mauer gebaut werden.“ Charlotte Lisador

Pfälzische Freimaurerlogen

In der Pfalz sind neben der „Mozart-Loge“ noch sechs weitere Freimaurervereinigungen bekannt. Deren Mutterloge „Galilei 810“ war die erste der Kaiserslauterer Freimaurervereinigungen. Sie wurde 1951 noch unter dem Namen „Barbarossa zur Treue“ gegründet. Die Namensänderung in „Galilei“ erfolgte 1952. Unter den Brüdern engagierten sich neben den deutschen auch viele amerikanische Freimaurer. Diese bildeten 1954 eine rein englischsprachige Loge „Galilei 810a“, die sich heute „George Washington“ nennt. Weitere pfälzische Logen gibt es in Frankenthal, Neustadt, Pirmasens und Zweibrücken. scs

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