Neue Aufgaben mit traditionsbewusstem Blick meistern

Pfarrer Günther Geisthardt will die Diakonissen Speyer-Mannheim auf Erfolgskurs halten – Pflegekräftemangel als große Herausforderung

Seit einem halben Jahr im Amt: Vorsteher Günther Geisthardt. Foto: Landry

Die kühle Brise auf dem hart umkämpften Sozialmarkt bläst Günther Geisthardt schon ins Gesicht. Seit einem knappen halben Jahr ist der 60-jährige Theologe der neue Mann auf der „Brücke“ bei den Diakonissen Speyer-Mannheim. Viel zu tun hat der kirchliche Manager, um angesichts großer Herausforderungen den diakonischen Dampfer weiter in einem guten Fahrwasser zu halten: Der Pflegekräftemangel, stetige gesetzliche Neuerungen im Gesundheitswesen, neue Bauprojekte und Angebote und natürlich die Konkurrenz mit anderen sozialen Anbietern halten Geisthardt in Atem.

Zwei Krankenhäuser in Speyer und Mannheim, zahlreiche Einrichtungen der Alten-, Behinderten- und der Jugendhilfe, eine Schule für Gesundheits- und Pflegeberufe, ein Hospiz: Das Arbeitsfeld, in das sich Geisthardt eingearbeitet hat, ist vielschichtig. Eine Stütze seien die „hoch qualifizierten und motivierten Mitarbeiter“, die ihn von Anfang an an die Hand genommen und unterstützt hätten, lobt er. Den Gemeinschaftssinn bei den Diakonissen mit ihrer langen Mutterhaus-Tradition, auf das die Mitarbeitenden so stolz seien, will der neue Vorsteher weiter pflegen.

Ohnehin will Geisthardt keinen radikal neuen Kurs für den größten diakonischen Träger in der Pfalz einschlagen. Zwischen den beiden Polen „Anknüpfen“ an das Bewährte und umsichtige „Veränderungen“ richtet er sein Unternehmen auf die Zukunft aus. Damit bleibt er ganz auf der Linie seines Vorgängers, Pfarrer Werner Schwartz, der während seiner 14-jährigen Amtszeit den Weg der Diakonissen zu einem modernen sozialen Dienstleister geebnet hat: 321 Millionen Euro weist die Bilanzsumme der Diakonissen für 2014 aus – 29 Millionen mehr als im Vorjahr.

Komplex nennt Geisthardt die Situation, die er bei den Diakonissen mit ihren rund 4200 Mitarbeitenden in der Pfalz, Saarpfalz und in Nordbaden vorgefunden hat. Reizvoll sei es, strategische Unternehmensentscheidungen aus theologischer Perspektive mitzusteuern. Vor allem in die Ethikdiskussion – etwa die Frage nach dem Umgang mit Sterben und Tod – wolle er sich einbringen.

Dafür bringt der gebürtige Neustadter gute Voraussetzungen mit: Zehn Jahre lang war er Chef des Erziehungswissenschaftlichen Fort- und Weiterbildungsinstituts in Landau, das von den drei Landeskirchen im Land getragen wird. Ethische Fragen sollten auch bei internen Schulungen und besonders in die Ausbildung junger Absolventinnen und Absolventen der Pflegerischen Schulen einfließen, wünscht er sich. Eine große Herausforderung sei die Suche nach neuen, gut qualifizierten Mitarbeitern. Diese sollten auch das traditionelle Erbe der Diakonissen weitergeben – die Zuwendung an Menschen aus christlicher Nächstenliebe. Momentan gelte es, junge Menschen vermehrt für soziale Berufe zu begeistern.

Eine glückliche Hand muss Geisthardt in nächster Zeit bei größeren Projekten beweisen: Bis 2018 soll nach zehnjähriger Planungszeit der Gesamtbau des Diakonissen-Stiftungskrankenhauses in Speyer abgeschlossen sein. Die Gesamtkosten belaufen sich auf mehr als 78 Millionen Euro. Auch in der Flüchtlingshilfe wollen sich die Diakonissen stärker engagieren, die bereits seit einigen Jahren unbegleitete minderjährige Flüchtlinge betreuen. In Speyer soll eine neue betreute Wohngruppe für bis zu neun Jugendliche entstehen.

Ob als größtes und schwierigstes ­Projekt möglicherweise Verhandlungen über eine Fusion der Diakonissen mit dem wirtschaftlich angeschlagenen Landesverein für Innere Mission in Bad Dürkheim auf ihn zukommen, kann Geisthardt noch nicht abschätzen. Knackpunkt sei der Ausgang der derzeitigen Verhandlungen des Landesvereins, des katholischen Nardini-Klinikums und der Landesregierung über die Zukunft des in seiner Existenz bedrohten Zweibrücker evangelischen Krankenhauses. Voraussetzung für tiefere Gespräche könne nur ein zukunftsorientiertes Ergebnis sein, betont der neue Vorsteher Geisthardt. Alexander Lang

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