Hospitanz im Nachbarland Frankreich ist bald möglich

Junge Teilnehmer von Freiwilligendiensten in Frankreich und Deutschland treffen sich in Otterberg – Diakonie Pfalz organisiert Programm

Sorgen für Belustigung: Die zu Papier gebrachten Klischees der Teilnehmer wie hier der jungen Franzosen über Deutschland. Foto: pv

Welche Gemeinsamkeiten gibt in den Freiwilligendiensten für junge Menschen in Deutschland und Frankreich, wo liegen Unterschiede? Um das herauszufinden, trafen sich jetzt 40 Teilnehmer des französischen Freiwilligendienstes Service Civique mit 23 Jugendlichen im Freiwilligen Sozialen Jahr und Bundesfreiwilligendienst der Diakonie. In der Stadthalle Otterberg nutzten sie die Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen und sich auszutauschen – auch über gegenseitige Klischees.

Die Arbeit in Kleingruppen sorgte für Belustigung. Mercedes und BMW, Currywurst und Bier, Oktoberfest und Fußball. Damit brachten französische Teilnehmer Deutschland in Verbindung. Selbst die Socken in Sandalen scheinen sich hartnäckig als typisches Attribut deutscher Touristen im Ausland zu halten. In anderen Runden wurden Karl Marx, Goethe, gute Qualität, die Berliner Mauer oder Eisbär Knut als Synonyme für Deutschland gehandelt. Nicht weniger klischeehaft ging es in den deutschen Runden zu. „Ich denke bei Frankreich an Baguette, Froschschenkel und Croissants“, meinte Kathy spontan, während Ramona das Nachbarland mit der Hauptstadt Paris und dem Bemühen der Franzosen assoziierte, ihre Sprache vor Anglizismen zu schützen.

Was stimmt nun, und welche Klischees halten der Realität nicht stand? Über diese Fragen entbrannte eine ebenso heiße wie amüsante Diskussion. Mit dem Ergebnis, dass so manches Bild entstaubt oder komplett verabschiedet werden musste. Wie etwa das von der Baskenmütze als französischem Nationalsymbol und dem Trabi als deutschem Vehikel. Wo mangelnde Sprachkenntnisse der Kommunikation im Weg standen, wurde Google zurate gezogen oder ins Englische gewechselt.

Im Austausch über Inhalte und Rahmenbedingungen der Freiwilligendienste kristallisierten sich schnell Unterschiede heraus. Während deutsche Jugendliche den Freiwilligendienst hauptsächlich im sozialen und sportlichen Bereich absolvieren, arbeiten die französischen Freiwilligen auch in kulturellen und ökologischen Institutionen. Wie Seb, der als ausgebildeter Energie-Ingenieur auf dem Gebiet tätig ist. 20 Stunden leistet er wöchentlich seinen Freiwilligendienst, dafür stehen ihm 14 Tage Jahresurlaub zu. „Das ist halb so viel wie bei uns. Wir arbeiten 40 Stunden pro Woche und haben 28 Tage Ferien“, erklärten zwei Jugendliche, die zum Freiwilligen Sozialen Jahr angetreten sind, „weil wir noch nicht wissen, welche Ausbildung wir machen wollen.“ Damit sind sie nicht allein.

„Viele deutsche Jugendliche absolvieren das FSJ nach dem Schulabschluss. Sie nutzen es als Orientierungsphase, um herauszufinden, wohin es beruflich gehen soll. In Frankreich dagegen ist die Teilnahme am Freiwilligendienst stark auf den Beruf ausgerichtet. Dort entscheiden sich junge Leute eher nach einer Berufsausbildung für den Service Civique oder unterbrechen extra ihr Studium dafür“, erklärte Melanie Junkes, Referentin für freiwillige soziale Dienste bei der Diakonie Pfalz. Deshalb gebe es unter den französischen Freiwilligen keine Minderjährigen. Die meisten seien schon über 20 und damit durchschnittlich drei bis vier Jahre älter als die deutschen.

Der deutsch-französische Begegnungstag sollte den Jugendlichen die Möglichkeit bieten, etwas über den jeweils anderen Freiwilligendienst zu erfahren, so Junkes. Der „Conseil Départemental du Bas-Rhin“ hatte 2014 den informativen und interkulturellen Austausch ins Rollen gebracht. „Da ging es um eine Anfrage, ob interessierte französische Jugendliche ihr Freiwilliges Soziales Jahr auf deutschem Gebiet ableisten könnten. Das konnte zwar nicht umgesetzt werden, dafür wurde die Idee geboren, eine grenzübergreifende Kooperation zu starten.“ Schon im Frühjahr 2015 traf man sich. Gemeinsam mit Freiwilligen des Service Civique besuchte eine FSJ-Gruppe aus der Pfalz das Europäische Parlament in Straßburg. „Dieser Tag war so gut angekommen, dass wir ihn wiederholen“, so Junkes, „mit dem Ziel die Zusammenarbeit so zu erweitern, dass gegenseitige Hospitationen vereinbart werden.“ fdj

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