Lockerer Untergrund bringt die Kirche in Schieflage

Halbrunde Holzkonstruktion im Chorraum zieht Kirche auf eine Seite – Stahlstreben in Seitenwänden sollen Problem lösen – Spenden erbeten

Steht unter Denkmalschutz: Die Melanchthonkirche in Ludwigshafen. Foto: Kunz

Ludwigshafen. Die Jona-Kirchengemeinde in Ludwigshafen hat schlechte Nachrichten erhalten: Ihre Melanchthonkirche in der City hat ernste statische Probleme. Die Holzkonstruktion im Inneren neigt sich zur Straße. Außerdem hat sich der Untergrund gesenkt, sodass sich die Kirche Richtung Osten neigt. Um die Sanierungskosten von rund 200 000 Euro zu finanzieren, bittet die Gemeinde um Spenden.

Steht man vor der 1949 erbauten Notkirche oder in ihrem Inneren, kann man die statischen Probleme mit bloßem Auge erkennen. Der halbrunde Chorraum drückt auf die charakteristischen Holzträger, die sich in Richtung Maxstraße neigen. „Es sind schon bis zu sieben Zentimeter“, erläutert Dekanin Barbara Kohlstruck das Problem. Da die Kirche keinen Turm hat, der den Druck auffangen würde, sollen nun Stahlstreben im Inneren eingezogen werden, die das Gewicht der Holzkonstruktion im Chorraum auffangen und ableiten. Zuerst hatten die Bauexperten empfohlen, entlang aller Seitenwände Stahlstreben einzubauen. „Keine schöne Lösung“, sagt Barbara Kohlstruck, auch mit Blick auf den Denkmalschutz, unter dem die Notkirche steht. Mit der nun gefundenen Lösung kann sie besser leben – lediglich unter der Empore im hinteren Bereich der Kirche wird nun eine Stahlträgerkonstruktion eingezogen.

Das zweite Problem hat nach Angaben der Fachleute nichts mit dem ersten zu tun. Die Kirche neigt sich in Richtung Osten, also zur benachbarten Kindertagesstätte hin. Eine Baugrunduntersuchung hat inzwischen ergeben, dass der Untergrund der Kirche mit dem Schutt der zerstörten Häuser aufgefüllt und nicht richtig verdichtet wurde. Im Laufe der Jahrzehnte hat sich der Boden gesetzt und die Kirche geneigt. „Vielleicht hat auch der Umbau der Kindertagesstätte diesen Prozess noch forciert“, vermutet die Dekanin. Dadurch haben sich an den Außenwänden und im Inneren Risse gebildet, vor allem im Altarbereich. Klar ist, wie verfahren wird: Mit einer Injektage werden flüssiger Beton oder ein Beton-Kunststoff-Gemisch in den Untergrund eingebracht, sodass sich die Kirche nicht weiter nach Osten neigen kann.

Die Melanchthonkirche ist eine von 48 Notkirchen, die der Architekt Otto Bartning nach dem Zweiten Weltkrieg entworfen hat. Mit einem Baukastensystem ermöglichte er es, dass in wenigen Wochen Kirchen gebaut werden konnten. Die Holzträger wurden vorgefertigt angeliefert und vor Ort mit den Steinen zerstörter Häuser ausgemauert. In Ludwigshafen nahm man dazu die Steine der Lutherkirchenruine. Die meisten dieser eigentlich nur als Notbehelf errichteten Kirchen stehen heute noch und sind inzwischen denkmalgeschützt. Es gibt sogar eine Initiative, die die Notkirchen als Unesco-Weltkulturerbe schützen lassen will.

„Die Kirche fällt nicht zusammen und muss auch nicht geschlossen werden“, beruhigt Dekanin Barbara Kohlstruck. Aber um das Gotteshaus zu erhal­ten, müssen die Stabilisierungsarbeiten möglichst bald ausgeführt werden. „Leider verzögern sich die Arbeiten“, berichtet Barbara Kohlstruck, da das ausgewählte Statikerbüro in Neustadt kurz vor Vertragsunterzeichnung von dem Auftrag aus persönlichen Gründen zurücktrat. Nun sucht die Jona-Kirchengemeinde nach einem anderen Büro.

Die Kosten belaufen sich für beide Bausicherungsmaßnahmen auf rund 200 000 Euro. Auch wenn dies für die Jona-Kirchengemeinde viel Geld ist, ist eine Schließung der Kirche für die Dekanin keine Lösung: „Es kann nicht sein, dass wir als protestantische Kirche in der City nicht präsent sind. Das fände ich einen sehr hohen Preis.“ Die Gemeinde hofft nun auf Spenden. So könnten auch andere dringende Baumaßnahmen in der Gemeinde wie die Sanierung der Kindertagesstätte an der Rohrlachstraße angegangen werden. rad

Das Spendenkonto:
Protestantische Jona-Kirchengemeinde,
IBAN: DE70 5455 0010 5001 1222 24

Meistgelesene Artikel