„Christentum ist innere Freiheit“

Masoud will sich taufen lassen – Kaiserslauterer Pfarrer Andreas Henkel betreut iranischen Flüchtling

Mit Pfarrer Henkel (links) auf dem Weg zur Taufe: Masoud hat im christlichen Glauben seinen Weg gefunden. Foto: view

Masoud Vafaei hat viel mit sich gerungen und endlich seine „Wahrheit“ gefunden. „Ich fühle mich Jesus innerlich verbunden“, sagt der junge Mann mit den kräftigen Oberarmen und dem Ring im Ohr. Schon länger hat der 32-jährige Iraner, der im vergangenen September als Flüchtling nach Deutschland kam, einen Herzenswunsch: Er will sich taufen lassen.

In dem evangelischen Pfarrer Andreas Henkel aus Kaiserslautern habe er nicht nur einen Gesprächspartner, sondern einen guten Freund gefunden, sagt Masoud und drückt ihn herzlich. Stiftskirchenpfarrer Henkel begleitet ihn auf seinem Weg zur Taufe. Der Muslim Masoud hat für sich eine Entscheidung getroffen, die er in klaren Worten auf den Punkt bringt: „Christentum ist innere Freiheit, der Islam ist unfrei“, sagt der Mann, der in der iranischen Hauptstadt Teheran als Bauingenieur arbeitete.

„Auch aus religiösen Gründen“ sei er aus seiner Heimat geflüchtet, erzählt Masoud, der in seiner Freizeit begeistert Ringsport betreibt. „Masoud ist es ernst mit seinem Taufwunsch“, versichert Pfarrer Henkel. In manchen Fällen versuchten muslimische Flüchtlinge, durch einen Glaubensübertritt eine Abschiebung in ihre Heimatländer zu verhindern, weiß Henkel. Andere erhofften sich, durch eine Konversion zum Christentum besser in die deutsche Gesellschaft integriert zu werden.

Masoud hingegen habe sich schon in seiner iranischen Heimat viel mit der Bibel und dem Christentum beschäftigt und seine spirituelle Heimat im Christentum gefunden, berichtet Henkel. In der Bibliothek seines Großvaters habe er das Buch der Christen gelesen und sich fasziniert in die Lebensgeschichte Jesu vertieft, bestätigt Masoud. Dass er sich vom Islam lossagen und Christ werden wolle, sei für seine Familie ein Schock. Doch stehe er voll und ganz zu seiner Entscheidung. In der christlichen Gemeinschaft habe er seine „neue Familie“ gefunden, lässt Masoud durch seine Bekannte, Katharina Dietrich-Jaleh aus Kaiserslautern, übersetzen.

„Mit Freude begleite ich Masoud“, versichert Pfarrer Henkel, der allerdings etwas Bauchschmerzen bei Taufanfragen von Konvertiten aus anderen Religionen hat. Jeder Mensch sollte der Religion, in die er hineingeboren wird, treu bleiben, ist er überzeugt. Bei Glaubensübertritten stelle sich immer auch die Frage, welche persönlichen Vorstellungen ein Konvertit vom Christentum habe und ob er nicht auch falsche Erwartungen hege.

Verschiedene Religionen hätten auch unterschiedliche Gottesbilder und Wertetraditionen, gibt der Pfarrer zu bedenken. Diese könnten nicht ohne Weiteres durch den Glaubenswechsel ausgetauscht werden. Henkel hat in seiner Gemeinde bereits für zehn muslimische Flüchtlinge einen Taufkurs angeboten.

Dass sein persönlicher Weg zum Christentum für ihn lebensgefährlich sein kann, ist Masoud bewusst: Im Iran droht beim Übertritt vom Islam zum Christentum die Todesstrafe. In vielen anderen islamischen Ländern werden Christen verfolgt und unterdrückt. Auch in der muslimischen „Community“ in Deutschland muss er damit rechnen, mit seinem Taufwunsch auf vehemente Ablehnung zu stoßen.

Angst vor Salafisten, die auch in Deutschland Jagd auf abtrünnige Muslime machen, oder vor dem islamischen Geheimdienst habe er nicht, sagt er mutig. Regelmäßig trifft er sich mit Pfarrer Henkel, liest mit ihm in der Bibel und tauscht sich über Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem Christentum und dem Islam aus.

Ungeduldig fiebert Masoud seiner Taufe entgegen, einen konkreten Termin gibt es noch nicht. „Er muss noch ein bisschen mehr Deutsch lernen, vielleicht klappt es nach den Sommerferien“, sagt Pfarrer Henkel in einem Mix aus Deutsch und Englisch und zwinkert ihm zu. „Oh“, antwortet Masoud mit gespielter Betroffenheitsmiene. Das momentane Sprachproblem wird der Erfüllung seines Herzenswunsches nicht im Wege stehen. Alexander Lang

Pfälzische Kirche hat mehr Taufanfragen von Flüchtlingen

Landeskirche bietet seit vier Jahren Glaubens- und Taufkurse für Migranten an – Rund 80 Prozent der Teilnehmer lassen sich danach taufen

In der Pfalz und Saarpfalz spielen offenbar vermehrt muslimische Flüchtlinge mit dem Gedanken, sich und ihre Angehörigen evangelisch taufen zu lassen. Wie viele Asylsuchende in den vergangenen Jahren zum Christentum übergetreten seien, sei allerdings nicht statistisch erfasst worden, teilte die Evangelische Kirche der Pfalz in Speyer dem KIRCHENBOTEN mit.

Seit 2012 fänden Glaubens- und Taufkurse für Migranten statt, die sich besonders an Menschen aus dem Iran richteten, sagte Pfarrer Arne Dembek aus Kandel, der landeskirchlicher Beauftragter für Christen anderer Sprache und Herkunft ist. Rund 80 Prozent der Teilnehmer ließen sich im Anschluss taufen. Die Kurse, die bis zu dreimal im Jahr stattfänden, hätten jeweils zwischen acht und 30 Teilnehmer gehabt. Sie würden an bis zu sechs Abenden oder als Blockveranstaltung auf Deutsch abgehalten, eine Übersetzerin sei dabei.

Zwar mag die Taufe für einzelne Personen „ein wichtiger Faktor sein“, weil sie sich dadurch Vorteile im Asylverfahren erhofften, sagte Pressesprecher Wolfgang Schumacher. Die Landeskirche gehe aber davon aus, dass es den meisten Kursteilnehmern mit ihrer Glaubensentscheidung sehr ernst sei. Die Getauften seien über die Teilnahme am Kurs hinaus aktiv in den Kirchengemeinden, in denen sie Anschluss gefunden hätten. Dort nähmen sie an Gottesdiensten und dem Gemeindeleben teil.

Ziel der Glaubens- und Taufkurse für Migranten sei nicht die Mission von Muslimen, sondern das christliche Zeugnis für den eigenen Glauben, machte die pfälzische Kirche deutlich. Die Kurse kämen auf Nachfrage zustande: Die Interessenten träten an Pfarrer mit dem Wunsch heran, mehr über den christlichen Glauben zu erfahren beziehungsweise getauft zu werden. Bei ausreichender Teilnehmerzahl biete Dembek einen Kurs in der jeweiligen Region an. Auch gebe es Pfarrerinnen und Pfarrer, die die Vorbereitung zur Taufe von Migranten selbst unterstützten.

Zur Frage der Taufe von Flüchtlingen gibt die Landeskirche ihren Pfarrerinnen und Pfarrern keine besonderen Empfehlungen. Die Theologen und Kirchengemeinden gingen mit dem Taufbegehren von Flüchtlingen „ausgesprochen sensibel“ um. Sie seien sich ihrer besonderen Verantwortung für die neuen Gemeindemitglieder bewusst.

Von Gefährdungen oder Anfeindungen von Getauften aus muslimischen Ländern sei ihm nichts bekannt, sagte Dembek. „Klar ist aber auch, dass ein Übertritt zum Christentum, wenn man einer bestimmten Auslegung des Korans folgt, ein todeswürdiges Vergehen darstellt.“ Auch er selbst sei bei der Durchführung der Kurse noch nicht angefeindet worden, sagte Dembek. all

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