Übersetzungsarbeit zwischen den Kulturen leisten

Protestantisches Dekanat Bad Dürkheim ermöglicht Intensivsprachkurs für Asylbewerber – Flüchtlingsarbeit auf ideelle Hilfe angewiesen

Wollen mit der Gesellschaft in Dialog treten: Eritreische Asylbewerber im Sprachunterricht bei Meike Lacha. Foto: Franck

„Ich suche meine Schwester“, hallt es durch einen kleinen Unterrichtsraum. Die Betonung liegt auf dem „-ne“, von „meine“, denn Sprachlehrerin Meike Lacha vom Lernstudio Barbarossa, mit Sitz in Kaiserslautern und weiteren Standorten in der Pfalz, nimmt gerade den Akkusativ durch. „Wie heißt die passende Frage dazu?“, fragt sie. „Wen oder was suche ich?“, antworten ihre Schüler wie aus einem Mund. Zwölf Flüchtlinge, zehn aus Eritrea, zwei aus Syrien, lernen seit Dezember vergangenen Jahres in den Räumen des Dekanats Bad Dürkheim die deutsche Sprache – jeden Vormittag unter der Woche.

Auf die faule Haut legen? Diese Einstellung kennen die zwölf Lernwilligen nicht. Und so gibt es auch kein Gemurre, als Meike Lacha eine große Menge an Hausaufgaben für das Wochenende aufgibt. „Ihr habt es euch ja selbst so gewünscht“, sagt sie lachend. Neben den vielen Hausaufgaben, steht aber auch noch Lernen auf dem Programm. Am Montag, dem „test-day“, wird der Wissensstand der Flüchtlinge abgefragt.

„In den zwei Monaten haben die Jungs schon unheimlich viel gelernt“, sagt Meike Lacha mit unverhohlenem Stolz und ist überzeugt: „Das ist die motivierteste Gruppe, die ich je unterrichtet habe.“ Sie seien sehr fleißig und stets konzentriert bei der Sache. Nach nur zwei Monaten könnten sie sich bereits über ihre Herkunft, die Familie und alltägliche Dinge zu unterhalten.

Mohammad Murat ist mit seiner Familie vor dem syrischen Bürgerkrieg geflohen. Seit Januar des vergangenen Jahres lebt er in Deutschland. Seine Muttersprache sei Kurdisch, außerdem spreche er Arabisch und seit ein paar Monaten auch ein bisschen Deutsch, berichtet er. „Frau Lacha ist eine sehr gute Lehrerin und hat uns schon viel beigebracht“, sagt der 35-Jährige, „aber im Gespräch mit anderen Menschen lernt man noch viel besser.“ Die deutsche Sprache sei schon knifflig, aber mit viel Übung gehe es schnell ins Blut über, sagt sein Bruder, der 26-jährige Arduan.

Auch den zehn Asylsuchenden aus Eritrea macht der Deutschunterricht großen Spaß. „Die deutschen Artikel sind schwer zu merken“, sagt Anday Ashera, Meika Lachas Musterschüler. Aber es falle ihm von Tag zu Tag leichter. Er würde gerne für immer hier bleiben und eine Ausbildung im Bereich Chemie machen. In seinem Heimatland herrsche zwar kein Krieg, aber eine Diktatur, die junge Männer zum Militärdienst zwinge, sagt Anday. „Hier in Deutschland haben wir die Möglichkeit, in Freiheit und Demokratie zu leben“, sagt der 25-Jährige.

In Bad Dürkheim fühlen sich Anday und seine eritreischen Freunde sehr wohl. „Hier sind alle so hilfsbereit und freundlich“, sagt der junge Mann. Besonders dankbar seien sie für das Engagement von Ulla Hoffmann, der Bad Dürkheimer Dekanin. Ihr Dank gilt aber auch Stephan Krämer von der evangelischen Jugendzentrale, der vor Einrichtung des Intensivkurses einigen Flüchtlingen ehrenamtlich zweimal wöchentlich Deutschunterricht gab. Auch Matthias Hensel und seiner Ehefrau Andrea Gerlach-Hensel, den Flüchtlingspaten und Sponsoren des Sprachkurses, sind sie dankbar. „Sie sind für uns zur zweiten Familie geworden“, sagt Anday.

Dekanin Ulla Hoffmann schwärmt ebenso von ihrem guten Verhältnis zu den Flüchtlingen. Gemeinsam werde eine Ökumene vorgelebt, die man sich vor einem Jahr nicht habe vorstellen können. „Wir versuchen, die Flüchtlinge in die Gesellschaft zu integrieren“, sagt Hoffmann. Ab März würden ihre Jungs je nach Interesse im Fußballverein, in der Leichtathletikabteilung oder bei der freiwilligen Feuerwehr aufgenommen. Für die Flüchtlingsarbeit werde nicht nur finanzielle Unterstützung benötigt. Schlichte, ehrliche Hilfsbereitschaft sei ebenso gefragt.

Es sei wichtig, die Chance eines gemeinsam gelebten christlichen Glaubens zu erkennen, sagt die Dekanin. Die Kirche habe die entsprechende Kompetenz, um Übersetzungsarbeit zwischen Kulturen und Religionen zu leisten. In der Flüchtlingshilfe habe die Kirche die Gelegenheit, sich im positiven menschlichen Sinne als gesellschaftliche Kraft zu zeigen. „Wir dürfen uns hier nicht zurückhalten“, fordert Hoffmann. Die Kirche müsse sich auch mehr um ­leer stehende Immobilien kümmern, in denen Flüchtlinge aufgenommen werden könnten. Charlotte Seeger

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