Umweltschutz ist Friedensarbeit

Engagement der Landeskirche für Bewahrung der Schöpfung beginnt vor 25 Jahren mit Gerhard Postel

In seinem Element: Gerhard Postel bei der Eröffnung des naturkundlichen Zentrums 2008 in Kleinfischlingen. Foto: Landry (Archiv)

Es ist ein „silbernes“ Jubiläum, und das zu feiernde Geburtstagskind strahlt mittlerweile weit und nachhaltig in die Landeskirche hinein: Vor 25 Jahren, am 1. Mai 1991, wurde das Umweltpfarramt der Evangelischen Kirche der Pfalz aus der Taufe gehoben. Es startete mit beispielloser Dynamik und entwickelte sich vom vielgestaltigen Projektinitiator zum institutionalisierten Dienstleister für alle Bereiche modernen Umweltmanagements.

Mann der ersten Stunde war Pfarrer Gerhard Postel, gerne auch als „(A-)Postel“ auf Gottes Acker apostrophiert: ein streitbarer, nimmermüder Sämann in Sachen Ökologie und energetischer Ökonomie, dazu ein permanent sprudelnder Quell von Ideen und Initiativen.

Geboren 1941, wuchs Gerhard Postel im ländlichen Freimersheim auf, wo der Vater Pfarrer und obendrein Hirte über eine ansehnliche Menagerie von Federvieh, dazu Hund und Katzen war. „Bei uns sah das später nicht viel anders aus“, sagt seine Witwe Heide Postel. „Wir hatten immer Tiere, oftmals auch kranke, aus dem Nest gefallene oder verwundete, die wir aufpäppelten und dann wieder auswilderten.“

Gerhard Postel studierte Ornithologie, Zoologie und Theologie. Letzteres wurde Beruf, alles zusammen blieb zeitlebens Berufung. Als er 1978 in der Nachfolge von Alfred Kuby zum Umweltbeauftragten der Landeskirche gekürt wurde und umgehend begann, sein neues Feld zu beackern, war die Umwidmung zum Landesumweltpfarrer nur eine Frage der Zeit. Ab 1991 residierte Postel mit dem neu geschaffenen Status in Landau, holte zwei Jahre später sein Büro aber ins Pfarramt Freisbach, wo er auch seine Gemeinde zu betreuen hatte.

Von da an war der Freisbacher Pfarrer zusätzlich zu seinem normalen Dienst Reisender in Sachen Bewahrung der Schöpfung. „Er war schon viel unterwegs, meist von Montag bis Mittwoch“, erzählt seine langjährige Sekretärin Ilse Schaaf. „Ich hab’ dann die Stellung gehalten am Telefon, alle Anfragen notiert. Die hat er stets akribisch beantwortet.“

Postel war ein umtriebiger Praktiker, der es verstanden hat, Samen auszulegen und zum Aufkeimen zu bringen. Gewachsen sind sie dann ganz von alleine. Man denke an den „Mobilen Hühnerstall“, mit dem er Kindertagesstätten bereist hat, an seinen Einsatz für bedrohte Arten mit dem Luchs-Mobil, an das legendäre „Pfalz-Storch“-Projekt in Bornheim, die Renaturierung historischer Obstsorten oder die Aktion „Rettet die Rheinauen“.

Auch war Gerhard Postel ein begnadeter Pädagoge; einer, der überzeugen konnte und dessen leidenschaftliche, pfälzisch unverblümte Art sich nicht zuletzt bei Kindern und Jugendlichen bestens verfing. So initiierte er mit seiner Schauvoliere und praktischer Anleitung zur Kleintierhaltung manches einschlägige Kindergarten- und Schulprojekt, bereiste unermüdlich Klassen aller Schularten mit Vorträgen, Demonstrationen, lieferte Materialien, gab Geburtshilfekurse für Haustiere oder führte ornithologische Exkursionen für Lehrpersonal durch. Den Bauern wusste er bereits vor dem allgemeinen Bio-Hype zu vermitteln, dass auch ohne Chemie Ertragreiches wächst.

Und Gerhard Postel war ein Wachsamer, ohne Scheu vor institutioneller Schelte. Er mischte den Boden auf und lenkte den Blick auf Kontaminiertes. So ist es seiner Beharrlichkeit zu danken, dass in den 1990er Jahren sukzessive alle kirchlichen Kindergärten auf Schadstoffe überprüft und gegebenenfalls saniert wurden. Selbst der Gesetzgeber folgte im Nachtrag der kirchlichen Initiative und übernahm die dort zugrunde gelegten niedrigeren Grenzwerte. Qualzucht oder auch Jagdverhalten zur Freizeitbelustigung geißelte er hart, antwortete im letzteren Fall mit der Gründung eines ökologischen Jagdverbands.

Vogel- und überhaupt Artenschutz waren eines seiner besonders emsig beackerten Felder. Dienlich dabei waren Postels ausgezeichnete Kontakte zu Naturschutzverbänden und die Fähigkeit des Charismatikers zur Vernetzung. Ob Nabu, BUND, Grüne, Pollichia, Naturkundemuseum, kommunale Umweltämter oder Universitäten: Mit allen war der Freisbacher „Umweltpapst“ – ab 1997 unterstützt durch Pfarrerin Heike Krebs, die mit einer Viertelstelle zum Team zählte – in ständigem Dialog.

Zuhause im Pfarramt, beim Predigtdienst oder Jugendgottesdienst sprossen die Begriffe „Ehrfurcht vor der Schöpfung“, „Nachhaltigkeit“ und „Naturerhalt“ allsonntäglich zu bildhafter Symbolik. Postel vermochte anzustecken mit seiner Kompetenz, seinem Feuer. Er war einfach authentisch. Auf Hochdeutsch und oft auch „uff guud Pälzisch“. 2003 verabschiedete er sich in den Ruhestand, 2012 ist er nach kurzer, schwerer Krankheit gestorben.

Mit der fortschreitenden Globalisierung nach der Jahrtausendwende weiteten sich auch die Blicke auf Umweltproblematiken, forderten auf, in größeren Zusammenhängen zu denken und mit neuen Schwerpunkten anzutreten. Die 2003 gegründete und seit 2015 von Pfarrer Detlev Besier geleitete landeskirchliche Arbeitsstelle „Frieden und Umwelt“ führt die entscheidende Vernetzung bereits im Namen, denn „Umweltschutz ist Friedensarbeit“. Und der „grüne Gockel“ gilt seither als signifikantes Markenzeichen für kirchliche Umweltpolitik. Mit Bärbel Schäfer, der Umweltbeauftragten der Landeskirche, und Klimaschutzmanagerin Sibylle Wiesemann verfügt die Institution über eine personelle Doppelspitze, die effektiv und gemeindebezogen die Realisation von Umweltprojekten betreibt.

Durch die Umsetzung eines umfassenden Klimaschutzkonzepts, das sowohl Gebäude, Mobilität, Beschaffung als auch ein effektives Energiemanagement einbezieht, konnten innerhalb weniger Jahre Erfolge von Tragweite verbucht werden. Das Projekt „nachhaltig predigen“, das vom Kindergottesdienst bis zur Erwachsenenbildung alle Bereiche von Verkündigung einbezieht, hat bundesweit Schule gemacht.

„Wir klagen umweltgerechtes Verhalten nicht mit erhobenem Zeigefinger ein“, betont Bärbel Schäfer, „sondern verstehen uns als moderne Dienstleister.“ Die Gemeinden abholen, da wo sie stehen, und praxisnahe Unterstützung gewähren – ein mittlerweile probates Rezept. „Wir bieten strukturelle Hilfen, wie die Rahmenverträge für Ökostrom oder günstige Verträge mit Herstellern fairer Produkte für Büromaterial“, so Schäfer. „Überzeugen und nachweisen, dass Energiemanagement handhabbar ist“, darum geht es nach Aussage von Sibylle Wiesemann. „Und stetig Bewusstsein verändern und Blicke weiten für die globale Verantwortung unseres Handelns vor Ort.“ Gertie Pohlit

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