Jauchzen und Frohlocken über Tore in der Kirche

Gemeinde Albersweiler überträgt die deutschen Spiele bei der Fußball-Europameisterschaft – Pfarrer Meckler: Kirche hat Sport viel zu bieten

So kriegt man die Leute in die Kirche: Etwa 150 Zuschauer fieberten mit Jogis Jungs auf der Leinwand vorm Altar. Foto: Korovai

Die Facebook-Kommentare klangen enthusiastisch. Von „so kriegt man die Leute in die Kirch“ bis „einfach geil“ reichte die Spannweite der Posts zu der Aktion von Pfarrer Jan Meckler, der unter dem Motto „Fußball in der Kirche“ das Spiel Deutschland gegen die Ukraine in seiner Bergkirche in Albersweiler am Sonntag hatte übertragen lassen.

Auch persönlich erntete der neue Pfarrer, der erst seit wenigen Monaten im Amt ist, viel Lob für seine Idee. Für Jan Meckler war es keine Premiere im eigentlichen Sinne, denn zuvor war er im vergangenen Jahr bereits bei seiner Vikarsstelle in Schifferstadt aktiv geworden und hatte Fußball bei der Kirche gezeigt. Diesmal aber wurde der Schauplatz mitten in die Kirche verlegt.

„Wir haben im Presbyterium darüber diskutiert und waren uns weitestgehend einig“, berichtet Presbyterin Miriam Hoffmann. Es habe wenig Bedenken gegeben, vereinzelt wäre lediglich der Vorwurf laut geworden, dass es sich bei Fußball um eine Entweihung handeln könnte. Das sahen die rund 150 Fans, die am Sonntagabend die Kirchenbänke drückten, naturgemäß ganz anders. Besonders die vielen jugendlichen Gottesdienstbesucher waren begeistert von Mecklers launiger Predigt.

Der Pfarrer betonte, dass man nicht den Fußball anbete, „sondern Gott, unseren Herrn, aber Kirche ganz ohne Fußball wäre doch schade, denn wozu gab uns Gott sonst Fuß und Wade“. Unterstützt wurde er vom Organisten Oskar Fuchs und dem Schlagzeuger Sebastian Glaser. Der ehemalige Musiklehrer am Trifelsgymnasium und der dortige Techniker steuerten einige Fußballhits bei wie etwa „We are the champions“, „You’ll never walk alone“ oder den WM-Hit der Sportfreunde Stiller „’54, ’74, ’90, 2010“. Vom Evangelischen Trifelsgymnasium waren auch der Beamer und die Technik in der Kirche.

Unmittelbar nach dem Gottesdienst ging es dann los mit der Fußballübertragung. Die Akustik und die Optik auf der vier mal sieben Meter großen Leinwand vor dem Altar waren einwandfrei. Wie bei vielen zu Hause ging ein Raunen und Ächzen und Stöhnen durch die Reihen, immer wenn Jogis Jungs am Drücker waren. Jauchzen und Frohlocken natürlich bei den Toren von Mustafi und Schweinsteiger.

Draußen kümmerte sich derweil der TuS Albersweiler um das leibliche Wohl der Gäste. Manche ganz Brave ließen ihr Bier im Foyer stehen, andere nahmen es mit ins Kirchenschiff, wo praktischerweise Bierbänke im Mittelgang aufgestellt waren. „Wir haben lange überlegt, ob wir alkoholische Getränke wie Bier erlauben sollen und waren schließlich einverstanden. Wenn etwas verschüttet worden wäre, hätten wir es halt weggeputzt“, so Miriam Hoffmann.

Dass Sport und Kirche zusammengehören, ist für Meckler selbstverständlich. „Wir können viel voneinander lernen“, sagt Meckler, der seit über 20 Jahren Fußball-Schiedsrichter ist.

Die Begeisterung, die im Fußball gelebt wird, wünscht sich der junge Pfarrer auch in der Kirche. „Außerdem haben wir als Kirche auch dem Sport viel zu bieten“, ist Meckler überzeugt, denn es gehe im Fußball immer auch um einen fairen Umgang miteinander. Dazu könne auch Kirche etwas beitragen.

Wenn Fußball und Kirche sich treffen, sei das „eine Win-Win-Situation“, bekräftigt der Pfarrer. Auf die Frage, ob es erlaubt sei, während der Fußballübertragung in seiner Kirche laut zu fluchen, lacht Meckler. „Wir hoffen natürlich, dass wir nur Grund zum Jubeln haben, aber man darf in der Kirche allen Emotionen freien Lauf lassen.“

Die nächsten Übertragungen in der Bergkirche sind am 16. Juni mit dem Spiel Deutschland gegen Polen und am 21. Juni mit dem Spiel gegen Nordirland sowie hoffentlich allen folgenden Spielen der K.-o.-Runde. Jeweils eine Stunde vor Anpfiff gibt es einen Gottesdienst. Die Veranstaltung wird gemeinsam von der Kirchengemeinde und dem TuS Albersweiler ausgerichtet. Der Gewinn geht an die Jugendarbeit von Kirche und Sportverein. An diesem Sonntag wurde auch das Gemeindefest der Kirchengemeinde rund um die Kirche gefeiert – mit Fußballschwerpunkt bei allen Programmpunkten. prw

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