Buddha im Dialog mit Industriekultur

Völklinger Hütte zeigt Ausstellung – Eindrucksvoller Blick auf 2000 Jahre buddhistische Kulturgeschichte

Buddha und seine Darstellung in Asien: Die Schau im saarländischen Industriedenkmal will mit Klischees aufräumen. Foto: epd

Ein Buddha, tanzend, nackt und als Frau auf einem Rollbild. Das entspricht nicht dem typischen Bild, das sich der westliche Betrachter von einem korpulenten und tiefenentspannten Buddha macht. „Unsere Wahrnehmung des Buddhismus ist von Missverständnissen geprägt“, sagt der Generaldirektor des Weltkulturerbes Völklinger Hütte, Mein­rad Maria Grewenig. Das Industriedenkmal zeigt derzeit eine Ausstellung zu Buddha und seiner Darstellung in Asien.

Die bis zum 19. Februar terminierte Schau will mit Buddhismus-Klischees aufräumen. Denn es gibt sowohl Darstellungen von einem männlichen als auch einem weiblichen Buddha, von einem meditierenden, lehrenden, hungernden, zornigen und eben auch tanzenden. Ein nackter Buddha hat laut Elke Hessel vom geschäftsführenden Vorstand des Tibethauses Deutschland nichts mit Erotik zu tun. Vielmehr stehe die Nacktheit dafür, makellos zu sein, das Tanzen für die Freiheit im eigenen Geist, erklärt die Tibetologin und bildende Künstlerin.

Das Frankfurter Tibethaus ist Kooperationspartner der 232 Exponate umfassenden Ausstellung, die von 200 vor Christus bis 1800 nach Christus reicht. Der größte Teil stammt aus der Himalaja-Region, also Tibet, Nepal und der Mongolei. Weitere Stücke kommen etwa aus Indien, China und Kambodscha. Alles Privatsammlungen, fast alle Stücke sind zum ersten Mal für die Öffentlichkeit zu sehen.

Die Ausstellungswände sind alle in blau gestaltet. Das hat einerseits ästhetische Gründe, denn so kommen die goldenen Buddha-Darstellungen gut zur Geltung. Die Farbe hat aber auch im Buddhismus eine Bedeutung. Blau gelte als Ursprung, aus dem alles entstehe, erklärt Hessel.

Gleich zu Beginn der Ausstellung in der früheren Gebläsehalle mit ihren großen Maschinen trifft der Besucher auf eine große blaue Wand – mit einem Zeitstrahl. Die Zeittafel vergleicht die Entwicklungen in der Himalaja-Region, in Süd-, Ost- sowie Südostasien mit Ägypten und Europa von 1000 vor Christus bis ins Jahr 2000.

Ein weiteres Ausstellungsstück zeigt einen meditierenden Buddha, der von Nagas, schlangenähnlichen Wesen, vor Regen geschützt wird. Auch ein moderner Buddha des Künstlers Gonkar Gyatso von 2012 hat sich in die Ausstellung geschlichen. Er ist mit Aufklebern beklebt, die Comicfiguren wie Snoopy, aber auch Albert Einstein zeigen.

Neben den Rollbildern sowie den Figuren aus vergoldeter Bronze, Silber, Stein und anderen Materialien sind auch Gegenstände wie ein Ritualdolch zu entdecken. Buddha wurde zudem auch nicht immer als Mensch dargestellt. Ursprünglich wurde der im 5. Jahrhundert vor Christus geborene Siddharta Gautama symbolisch als Lotosblüte, Fußabdruck oder Baum gezeigt. Erst ab dem 1. Jahrhundert nach Christus ändert sich das.

Die Ausstellung soll laut Grewenig helfen, den asiatischen Kulturraum besser zu verstehen. „Der asiatische Kontinent ist das große Thema des 21. Jahrhunderts, sowohl wirtschaftlich als auch kulturell“, betont er. Dabei spielen die ersten Buddha-Bildnisse, ihre Entwicklung und die Weltanschauung des Buddhismus die größte Rolle in der Ausstellung. Ende Juli soll dem Generaldirektor zufolge auch noch ein „Pfad der Erleuchtung“ mit acht Meditationsstationen auf dem 600 000 Quadratmeter großen Gelände eröffnen.

Zudem planen die Organisatoren für Herbst eine Ringvorlesung in Kooperation mit der Universität des Saarlands und der Trierer Universität. In interreligiösen Dialogen soll es zudem um die Bedeutung des Buddhismus für das Christen- und Judentum sowie für den Islam gehen, betont Grewenig. Des Weiteren könnten auch tibetische Mönche in das Weltkulturerbe kommen, um Sandmandalas zu gestalten.

Seit 1. Mai ist zudem die Ausstellung „Steve McCurry. Buddhismus – Fotografien 1985 bis 2013“ zu sehen. Bis zum 6. November sind 40 großformatige Fotos von McCurrys Reisen nach China, Thailand, Myanmar, Tibet und Kambodscha ausgestellt. Der Dalai Lama hat die Schirmherrschaft der Ausstellung übernommen. Ein Besuch von ihm sei nicht ausgeschlossen, erklärt Grewenig. Marc Patzwald

Die Ausstellung ist bis zum 17. Februar 2017 zu sehen. Im Sommer hat die Völklinger Hütte täglich von 10 bis 19 Uhr, ab 2. November von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Weitere Informationen sind im Internet unter www.voelklinger-huette.org erhältlich.

Große Weltreligion ohne Schöpfergott

Der Buddhismus ist die einzige der fünf großen Weltreligionen, die keinen Schöpfergott kennt. Seine Wurzeln liegen im indischen Hinduismus und reichen rund 2500 Jahre zurück. Der Buddhismus besteht aus vielen verschiedenen Strömungen, alle teilen jedoch die Lehre des Stifters Siddhartha Gautama. Er betrachtete die Menschen in einem ewigen leidvollen Kreislauf von Geburt und Wiedergeburt, der erst durch das richtige Verhalten und Meditation durchbrochen werden kann.

Der Legende nach lebte Siddhartha Gautama im 7. Jahrhundert vor Christus am Fuße des Himalajas. Als Sohn eines indischen Fürsten wuchs er sehr behütet auf, bis er eines Tages einem Greis, einem Kranken, einem Toten und einem Bettelmönch begegnete. Die ersten drei Begegnungen führten ihm die Vergänglichkeit der menschlichen Existenz vor Augen, die letzte ließ ihn den Ausweg daraus erkennen. Durch tiefe Meditation gelangte er zur vollkommenen Erleuchtung, dem Nirvana. Seither wurde er Buddha genannt, was „der Erwachte“ bedeutet.

In der ersten Lehrrede vor seinen Anhängern sprach Buddha von den vier edlen Weisheiten und setzte so das Rad der Lehre in Gang. Seine Erkenntnis war, dass das Leben mit Leid verbunden ist. Die Ursache dieses Leids ist das Begehren. Werden die Begierden des Menschen aufgehoben, wird auch das Leid des Menschen beendet. Die Menschen sollen sich sittlich verhalten und durch Meditation zur vollkommenen geistigen Ruhe gelangen. Dadurch erkennen sie, dass sich alles verändert und sie daher auch keine unsterbliche Seele haben. Wenn ein Mensch weder Gier noch Hass oder Verblendung empfindet, kann er sich aus den irdischen Verstrickungen lösen und als Erleuchteter das Nirvana erreichen.

Schon zu Lebzeiten hatte Buddha viele Anhänger, die seine Lehre im Norden Indiens verbreiteten. Die Ausdehnung der Lehre auf fernere Regionen wurde aber erst durch die Niederschrift der Sutras, der Lehr- und Predigttexte, möglich. epd

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