Ein halbes Jahrhundert lang georgelt

Organistin Brigitte Keller aus Heuchelheim-Klingen gibt den Dienst an den Schüler Sebastian Schäfer ab

Wünscht ihrem jungen Nachfolger Sebastian Schäfer einen ähnlich langen Atem: Organistin Brigitte Keller an der Orgel in der Kirche in Klingen. Foto: Iversen

Generationenwechsel in der Kirche im südpfälzischen Klingen: Nach 50 Jahren hat Organistin Brigitte Keller ihren Dienst an den 16-jährigen Sebastian Schäfer übergeben. Gemeindepfarrer Victor Damerow hat die 77-Jährige jetzt während des Rotweinkerwe-Gottesdienstes vom regelmäßigen Dienst entpflichtet und ihr außergewöhnliches Engagement für die Kirche gewürdigt. Ein halbes Jahrhundert lang hat sie in Klingen, Heuchelheim und Niederhorbach die Gottesdienste musikalisch begleitet – Woche für Woche mit zwei Gottesdiensten am Sonntag. Künftig will sie dann einspringen, wenn sie gebraucht wird.

Die Motivation zu ihrem Marathon-Engagement sieht Brigitte Keller in ihrer Glaubensüberzeugung. Orgelspielen gehöre für sie zum Sonntag dazu, und vor allem in der Kirche in Klingen fühle sie sich daheim, sagt die Seniorin, die aus dem Ort stammt und seit ihrer Heirat 1961 in Niederhorbach wohnt.

Der damalige Dorfschullehrer Simon habe sie als 27-Jährige mit an den Orgeltisch in der Kirche in Klingen genommen und ihr versichert, dass sie durch ihre Vorkenntnisse im Klavierspiel auch die „Königin der Instrumente“ spielen könne, erinnert sich Keller. Die Mutter von vier Kindern konnte aus Zeitgründen Fortbildungsveranstaltungen zum Bedienen der Pedale und Register nie besuchen. Sie gilt als begabte Autodidaktin.

Ihr Lieblingslied im Gesangbuch sei die Nummer 272 „Ich lobe meinen Gott von ganzem Herzen“, schwärmt Brigitte Keller. In den 50 langen Jahren ihrer Organistentätigkeit hat sie auch Kurioses erlebt. „Eine Kirchendienerin hat mir einmal ein Gesangbuch in die Rippen gestoßen, weil ich dabei war, eine Strophe zu viel zu spielen“, weiß die Musikerin zu berichten. Ein anderes Mal habe sie versucht, mit einem Gummibärchen als Hilfsmittel die richtige Anzahl der Strophen abzuzählen. „Nach jeder Strophe habe ich das Gummibärchen vorgeschoben. Aber als es jetzt im Sommer so heiß war, ist es plötzlich am Papier festgepappt. Jetzt ersetze ich es durch einen Knopf“, sagt die praktisch veranlagte Rentnerin.

Auch künftig werden die Protestanten in Klingen, Heuchelheim und Niederhorbach ihre langjährige Organistin dann und wann noch im Einsatz erleben, aber nur „als Aushilfe, denn ich möchte nicht mehr jeden Sonntag spielen“, sagt Brigitte Keller. Bei Sebastian Schäfer, dem neuen Organisten und Sohn ihres Cousins, weiß sie das Instrument in guten Händen. dob

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