Religionen im getrennten Gebet vereint

Multireligiöse Feier will ein Zeichen für Respekt gegenüber unterschiedlichen Gottesvorstellungen setzen

Wer Religion und Gewalt verbindet, der lästert Gott: Vertreter von vier Religionen auf dem Rathausplatz in Ludwigshafen. Foto: Kunz

Bunt gemischt, aber nicht vermischt: So präsentierte sich am Vorabend des „Tags des Flüchtlings“ am 30. September die multireligiöse Gebetsfeier auf dem Rathausplatz in Ludwigshafen. Erstmals haben auch die Spitzen der evangelischen und der katholischen Kirche in der Pfalz, Kirchenpräsident Christian Schad und Bischof Karl-Heinz Wiesemann, an einer solchen Feier teilgenommen. Die Kirchen und Glaubensgemeinschaften wollten vorbildhaft zeigen, wie eine Gesellschaft mit Unterschieden umgehen solle, sagte Schad im Vorfeld der Veranstaltung.

Über eine Million Menschen hätten 2015 Schutz in Deutschland gesucht, sagte die Ludwigshafener Dekanin Barbara Kohlstruck. „Ihnen rufen wir zu: Herzlich willkommen in unserer Mitte! Wir freuen uns, dass Sie da sind“, sagte sie zur Begrüßung unter dem Beifall der etwa 200 Besucher. Zuvor hatte die Band „Shaian“ aus Kaiserslautern mit Musikern aus Afghanistan, Deutschland, Eritrea, Indonesien, Iran und Tunesien das Publikum eingestimmt.

Danach betraten die Christen die Bühne: neben Kirchenpräsident Schad und Bischof Wiesemann Vertreter der Mennoniten, der eritreischen und der griechischen orthodoxen Kirche. Sie alle trugen Gebete oder Stücke aus der Bibel vor, die zuvor unter allen Teilnehmern abgestimmt waren. Dann gingen Vertreter der muslimischen Ditib-Gemeinde in Oggersheim alleine auf die Bühne und trugen zwei Suren aus dem Koran vor. Es folgten, ebenfalls jeweils alleine, eine Vertreterin der Aleviten und der Abt der thailändisch-buddhistischen Gemeinde Mundenheim.

Schon die genaue Choreografie der Gebete zeigte: Hier wurde nicht gemeinsam gebetet – und schon gar nicht zu einem Gott. Entscheidend sei, den unterschiedlichen Gottesvorstellungen mit gegenseitigem Respekt zu begegnen, sagte Kirchenpräsident Schad. Alle Teilnehmer seien sich einig: „Wer Religion und Gewalt verbindet, der lästert Gott.“ Und alle, die mitmachten, wollten zum Ausdruck bringen, dass die Liebe zu Gott und die Liebe zum Nächsten, zu den Schwachen und Fremden zusammengehöre. Wie wichtig solche Impulse der Versöhnung derzeit sind, zeigte das Fehlen einer Religion. Die jüdische Gemeinde identifiziere sich mit der Idee der Feier, sagte Schad. Aus Angst vor Übergriffen habe sich allerdings kein jüdischer Vertreter gefunden, der bereit war, teilzunehmen. koc

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