Den Tagen von Sterbenskranken mehr Leben schenken

Ehrenamtliche Hospizhelfer betreuen Patienten in der letzten Phase ihres Lebens – Ökumenische Hospizhilfe Pfalz-Saarpfalz ist 25 Jahre alt

Helfen in schweren Stunden (von links): Annette Nicola-Imhoff, Christine Bohl, Tanja Sebastian und Jutta Tran. Foto: Landry

Sie gehen mit ihnen auf eine „Fantasiereise“ oder zurück in die eigene Lebensgeschichte. Sie sind Ansprechpartner, geben persönliche Nähe und setzen alles daran, dass es Todkranken und Sterbenden möglichst gut geht. Seit einem Vierteljahrhundert sind die Helfer der Ökumenischen Hospizhilfe Pfalz-Saarpfalz für die Patienten da: 520 Ehren- und 39 Hauptamtliche begleiten sie in ihrer letzten Lebensphase und stehen ihnen in schweren, oft angstvollen Stunden bei.

1991 hatten der Caritasverband für die Diözese Speyer und das Diakonische Werk Pfalz die Hospizhilfe als einen Verein für ihr deckungsgleiches Kirchengebiet gegründet. Herzstück der elf ambulanten Hospizdienste sind die ehrenamtlichen Helfer – ganz überwiegend Frauen. Sie suchen Patienten und deren Familien zu Hause auf und ergänzen damit die professionelle medizinische und pflegerische Hilfe, erläutert Annette Nicola-Imhoff, die Leiterin der Geschäftsstelle der Ökumenischen Hospizhilfe in Speyer.

Noch vor 25 Jahren seien die Themen Sterben, Tod und Trauer ein Tabu gewesen. Heute beschäftigten sich immer mehr Menschen mit der Frage, wie sie ihre letzte Lebensphase gestalten wollten, sagt Nicola-Imhoff. Wer wisse, dass er im Schatten des Todes in guten ­Händen sei, werde wohl weniger den Wunsch nach aktiver Sterbehilfe oder gar einem Suizid äußern. Die Arbeit der Hospizhilfe sei eine zutiefst christliche: Sie stelle die Würde des Menschen und deren Wunsch nach Selbstbestimmung in den Mittelpunkt.

„Den Tagen mehr Leben schenken“ wollten die ehrenamtlichen Hospizhelfer, sagt Jutta Tran aus Neustadt. Für den anspruchsvollen Dienst an kranken, meist hochaltrigen Mitmenschen ist die 59-Jährige wie ihre Kolleginnen und Kollegen bestens ausgebildet worden. Gemeinsam mit ihnen gehen sie deren „Was-will-ich-Liste“ durch und halten sich mit ihren eigenen Wünschen und Erwartungen zurück. „Wir folgen den Patienten und schubsen sie nicht in eine Richtung“, sagt Tran. Wie die meisten Ehrenamtlichen ist sie sechs Stunden in der Woche als Ansprechpartnerin verfügbar.

Den Kontakt zu den Betreuungspersonen erhalten die Helfer über Krankenhäuser, Hausärzte, Angehörige, die um Hilfe bitten – und auch von Betroffenen selbst. Als Außenstehende entlasteten sie auch die oft überforderten Familien, berichtet Christine Bohl aus Landau. Seit Gründung der Ökumenischen Hospizhilfe ist die 66-Jährige mit dabei und hat seither 25 Menschen an ihrem Lebensende begleitet.

Hospizhelfer setzten alles daran, den Betroffenen ein Abschiednehmen und Sterben zu Hause zu ermöglichen, sagt Bohl. Wie auch ihre Kolleginnen empfindet sie es als „Geschenk“, was sie in ihren zeitlich begrenzten Begegnungen zurückerhält: In jedem Gespräch erfahre man Dankbarkeit und Freude von einem zuvor völlig fremden Menschen. Trost zu spenden, Wut und Trauer auszuhalten, sei eine wertvolle Erfahrung für das eigene Leben, bestätigt Tanja Sebastian aus Neustadt. Hospizhelfer machten aber keine Botengänge und seien keine Haushaltshilfen oder auch Pflegerinnen, macht die 49-Jährige deutlich.

Mit einer alten Frau im Rollstuhl durch den Park gehen und einen Cappuccino zusammen trinken. Das Grab des Ehemannes auf dem Friedhof besuchen oder nochmal eine Cabrio-Tour im Sonnenschein machen: Letzte Wünsche wollen die Hospizhelferinnen gerne erfüllen. Problematisch sei es, dass manche männliche Patienten eigentlich lieber einen Geschlechtsgenossen als Begleiter hätten, berichten Tran, Bohl und Sebastian.

Der Bedarf an Betreuung wachse – nicht nur durch den demografischen Wandel, sondern auch durch den Flüchtlingszuzug. Da könnte die Hospizhilfe mehr Unterstützung von Männern gebrauchen, wirbt Geschäftsstellenleiterin Nicola-Imhoff. Unter den 50 Helfern in Landau sind nur drei Männer. In Neustadt ist es nur einer. „Wir ringen um sie“, sagt Tran. Auch zukünftig dürfe nicht die Dicke des Geldbeutels darüber entscheiden, wer einen stationären Hospizplatz erhalte, fügt sie an: „Hospiz darf nicht nur Sterben für Reiche sein.“ Alexander Lang

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