Das Buch zur Reformation im Südwesten

Michael Landgraf: Der Protestant – Historischer Roman: Verständlich und spannend in der Zeitenwende

Demnächst im KIRCHENBOTEN immer auf Seite 14: Michael Landgraf, Der Protestant.

Eigentlich ist dieser historische Roman ja ein Jugendbuch über den begabten Sohn eines Neustadter Weinhändlers, der in den Verstrickungen der Jahre 1500 bis 1529 mit so ziemlich allen Personen in Kontakt gerät, die in dieser Vor- und Hauptzeit der Reformation in Süddeutschland, aber auch in der Schweiz und in Hessen eine Hauptrolle spielen: von den lokalen Größen Neustadts bis zu Melanchthon und Luther, vom Kurfürsten bis zu Franz von Sickingen und Ulrich von Hutten.

Aber wie so oft wird aus dem Jugendbuch ganz schnell ein Erwachsenenbuch, wenn es dem Autor gelingt, die Zusammenhänge anschaulich und prägnant, sachlich richtig und dennoch spannend zu erzählen. Und das ist Michael Landgraf mit seinem historischen Roman „Der Protestant“ gelungen.

Als Autor hat der Leiter des Religionspädagogischen Zentrums in Neustadt dabei vor allem von seiner eigenen Umtriebigkeit profitiert: als Verfasser zahlreicher religionspädagogischer Bücher, nicht zuletzt im Themenbereich der Reformation; als kenntnisreicher Autor über die Anfangsjahre des Bibeldrucks und als Darsteller der „schwarzen Kunst“; als geradezu militanter Propagandist im Vermitteln biblischer, reformatorischer und protestantischer Inhalte bei Jung und Alt.

Was den Autor dieser Zeilen allerdings erstaunt, ist die Tatsache, dass es Michael Landgraf hier erstmals gelingt, die Leserinnen und Leser über die ohnehin spannende Materie hinaus durch eine ebenso amouröse wie sozialgeschichtlich erhellende Erzählung zu fesseln. Natürlich wächst der praktizierende Pädagoge hier nicht über sich hinaus: „In inniger Umarmung sanken sie auf den Boden, liebkosten einander und gaben sich ihren Gefühlen hin.“ Das war’s. Aus Michael Landgraf wird niemals ein Ken Follett, obwohl diese Umarmung Folgen hatte. Sein Anliegen ist ein anderes. Er erzählt die Erlebnisse Jakob Zieglers, des begabten Lateinschülers, der zunächst vor allem durch den Einfluss seiner frommen Mutter und der Chorherren der Neustadter Stiftskirche in den Ängsten seiner Zeit gefangen ist, die Folgen des Ablasshandels am eigenen Leibe verspüren muss, der auf einer Reise mit seinem Vater, dem Weinhändler, Martin Luther aus Zufall in Augsburg begegnet und einige Jahre später als angehender Jurist die Disputation Luthers in Heidelberg verfolgt. Dass er dort auch Martin Butzer begegnet, ist angesichts des pädagogischen Imperativs entschuldbar.

Der Heidelberger Student wird zum Spion des Kurfürsten, beobachtet Luther beim Reichstag zu Worms und wird verstrickt in die Kriege gegen Franz von Sickingen und die Bauern sowie in die Verfolgung der Täufer. Auf dem Speyerer Reichstag von 1529 gehört Jakob zu den Protestanten, die sich gegen den Kaiser auf ihr Gewissen berufen: „Protestanten? Das Wort habe ich ja noch nie gehört. – Nach dem gestrigen Tag nennen Euch Eure Gegner so. Dabei verwenden sie das Wort nicht um Euch zu loben.“

Der Autor macht in seinem Roman durchgängig deutlich, wie der fiktive Sohn eines Weinhändlers in den Konflikt mit dem Standesdenken seiner Zeit gerät, wie sich Zeitenwende, sozialer Umbruch und Reformation miteinander verbinden. Die Liebe Jakob Zieglers zur jungen Adligen Clara von Winzingen wirkt dabei nicht aufgesetzt, sondern ist Teil einer in sich schlüssigen und historisch verantwortbaren sowie sehr lehrreichen Geschichte.

Das Buch ist sorgsam und ansprechend gestaltet, gut lektoriert, mit Personenregistern und Holzschnitten sowie einem umfassenden erklärenden Nachwort des Autors versehen. Fazit: Nicht ohne pädagogischen Impetus, aber kenntnisreich und packend nimmt der Autor seine Leser an die Hand und führt sie durch die Anfangsjahre der Reformation. Ein historischer Roman, der das Geschehen im Südwesten so verständlich und spannend erzählt wie kein anderer zuvor. Hartmut Metzger

Michael Landgraf: Der Protestant. Wellhöfer Verlag Mannheim. 420 Seiten, 14,95 Euro. ISBN 978-3-95428-193-0

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