Dreimal Jesus zum Anfassen und eine Familientradition

Mehr als 400 Besucher sehen die lebendige Krippe auf dem Bauernhof Gut Mühlberg in Mölschbach – Vor acht Jahren ins Leben gerufen

Sind Teil der lebendigen Krippe in Mölschbach (von links): Hirte Georges Plank, Jesuskind Elyas, Andreas Fichtler als Josef und Catrin Steiner als Maria. Foto: view

Andrang auf Gut Mühlberg: Zwischen den Andachten vor der lebendigen Krippe im Stall stärken sich die Besucher im Freien. Foto: view

Irgendwann wird Elyas der Esel dann doch zu aufdringlich. Das Baby bricht in Tränen aus. Dabei hatte sich Esel Julius zusammen mit den Schafen Mia und Lena bis zu diesem Zeitpunkt eigentlich mehr für die rund 50 Besucher interessiert, die die Szene im Stall betrachten: Josef, Maria und das Jesuskind, dazu ein Hirte. Nicht in Bethlehem, sondern in Mölschbach. Thomas Zinßmeister hatte vor acht Jahren erstmals zur lebendigen Krippe auf dem Bauernhof Gut Mühlberg eingeladen.

Jetzt sitzt der Presbyter inmitten von Strohballen, liest aus dem Lukasevangelium, während die Heilige Familie in das Blitzlichtgewitter lächelt. Es riecht nach Mist. Dass das Jesuskind in einem kuscheligen Eisbäroverall steckt und nicht in Windeln gewickelt, stört nicht. „O, du fröhliche“, singen die Erwachsenen, während Kinder versuchen, durch den Zaun hindurch die Tiere zu streicheln. In den Gesang mischen sich ­Akkordeon- und Gitarrenklänge. Hans Hunsinger und Uwe Forsch haben sich mit ihren Instrumenten im Stall eingerichtet, spielen weiter, als die Andacht vorüber ist, sich die Menschen nach draußen zerstreuen.

Zwischen lodernden Schwedenfeuern stehen Besuchergruppen bei Punsch und Glühwein. Frank Stosberg wartet mit Tochter Marie, dass die Waffeln fertig werden. „Ich schätze die Atmosphäre hier, das ist familiär, nicht so kommerziell wie an anderen Orten“, sagt der Familienvater. Tatsächlich sind viele der rund 15 Ehrenamtlichen Jahr für Jahr im Einsatz, haben einen Bezug zu dem Erlebnisbauernhof. Maria-Darstellerin Catrin Steiner etwa hat hier ein Pferd einstehen. Mit Wallach Caltano ist sie schon als St. Martin aufgetreten. Thomas Zinßmeisters Sohn Daniel wirft einen prüfenden Blick in den Flammkuchenofen, während Freundin Lena Bauerfeld sich um den Belag kümmert. Gabi Brenk und Iris Frank nehmen gespülte Tassen entgegen, füllen sie mit Glühwein und Kinderpunsch. „Ich habe das Friedenslicht für die lebendige Krippe aus der Stiftskirche Kaiserslautern mitgebracht“, sagt Frank. Die Presbyterin will das Licht auch danach am Leben erhalten. „An Heiligabend soll es in der Mölschbacher Kirche leuchten.“

Noch brennt das Licht im Stall, wo sich erneut die Heilige Familie bereitmacht. Anders als Andreas Fichtler als Josef und Hirte Georges Plank sind Maria und Jesus im Schichtbetrieb im Einsatz. Die erste Maria an diesem Abend war Daniela Wilke mit Tochter Jule, die nach der Absage einer Familie kurzfristig einsprangen. Der geplante Geburtstermin Jules lag auf dem 16. Dezember, nur zwei Tage vor der lebendigen Krippe. „Wir konnten deshalb keine Lieferung garantieren“, sagt Vater Martin lachend. Schließlich kam Jule dann doch zwei Wochen zu früh auf die Welt. Und hat damit eine Familientradition fortgeführt. Schließlich war Schwester Nora vor fünf Jahren ebenfalls Jesuskind.„Kommst du, wenn du aufgegessen hast?“, ruft Thomas Zinßmeister in Richtung Uwe Forsch, der sich mit seinem Musikerkollegen in einer Pause mit einer Bauernbratwurst stärkt. Erst vor wenigen Wochen hatten die beiden angefangen, Weihnachtslieder einzustudieren, die zu Akkordeon und Gitarre passen. Jetzt sind im Stall neben traditionellen Liedern auch Stücke wie „Winterwonderland“ und „Let it snow“ zu hören. „Eine schöne Stimmung hier“, sagt Hunsinger, der sich gut vorstellen kann, wiederzukommen.

Mittlerweile dämmert es, die ersten Feuer sind erloschen. Eine Gruppe Kinder hat sich um ein Mini-Shetlandpony geschart. Zinßmeister schlägt trotz der mehr als 400 Besucher nachdenkliche Töne an. „Ich stelle mir jedes Jahr die Frage, ob das Ganze nur eine Art Theaterspiel ist. Oder ob es uns gelingt, eine Aussage zu vermitteln.“ Deshalb freuen ihn Rückmeldungen. „Am vierten Advent war für uns schon Weihnachten“, schrieb eine Familie, die zwar nicht mehr in der Kirche organisiert ist, aber die Krippe jedes Jahr genießt. „Das offene Konzept, entscheiden zu können, wann man wieder geht, sagt vielen zu“, sagt er. Und immer noch strömen Menschen in den Stall. So viele, dass sich Daniela Winkler und ihre neugeborene Tochter als Maria und Jesus ein weiteres Mal auf den Weg machen. flor

Meistgelesene Artikel