Kinder bringen mit dem Licht Segen in die Welt

Wie aus den Heiligen Drei Königen die Sternsinger geworden sind – Und aus einer alten Legende eine fantastische Hilfsaktion für Kinder

Sammeln dieses Jahr wieder Spenden für Kinder in der ganzen Welt: Sternsinger, hier beim Auftakt der bistumsweiten Sternsingeraktion 2015 in Speyer. Foto: Landry

In den Tagen um Dreikönig ziehen die Sternsinger von Haus zu Haus, über verschneite Felder und durch stille Dörfer. Doch der romantische Brauch täuscht. Denn an Epiphanie, „Erscheinung des Herrn“, wie das Fest im kirchlichen Kalender heißt, geht es gar nicht so sehr um den – je nach Auslegung – Auftritt der Könige, Weisen oder Sterndeuter aus dem Morgenland. Sie geben in den biblischen Erzählungen lediglich liebenswerte Randfiguren ab.

In den ersten christlichen Jahrhunderten war der 6. Januar vielmehr das Weihnachtsdatum im Osten. Auch im Westen blieb Epiphanie als zweiter Höhepunkt der weihnachtlichen Festzeit erhalten. Die Christen feiern an diesem Tag den Aufgang des Lichts, das keinen Untergang kennt, den Einzug des Gottkönigs in die Welt, das Offenbarwerden seiner Herrlichkeit. „Erschienen ist die Güte und Menschenfreundlichkeit unseres Gottes“, freuen sie sich.

Von den weisen Männern, die dem Mensch gewordenen Gott im Stall von Bethlehem ihre Verehrung erwiesen haben, weiß nur der Evangelist Matthäus – ohne Angaben über ihre Zahl oder ihre Herkunftsländer zu machen. Die spätere Tradition hat die Geschichte ausgeschmückt und die Weisen zu morgenländischen Königen befördert.

Als Erzkanzler Rainald von Dassel als Vertrauter Friedrich Barbarossas die Gebeine der legendären Herrscher 1164 aus Mailand nach Köln überführen ließ – ein kleiner Sieg im Streit zwischen Kaiser und Papst –, entwickelte sich dort bald ein intensiver Kult, der sich im ganzen Deutschen Reich verbreitete. Die drei Könige wurden zu Symbolen der Weltvölker, der dritte hatte von nun an ein Farbiger zu sein. Vornamen wie Kaspar oder Balthasar, vor gar nicht so langer Zeit noch recht beliebt, und Wirtshausschilder wie „Zum Mohren“, „Zum Stern“ oder „Zur Krone“ an einst stark frequentierten Straßen lassen etwas von der alten Verehrung ahnen.

Nicht bloß als frommen Wunsch, sondern als wirkmächtige heilige Zeichen interpretierte man von Anfang an die vermeintlichen Initialen CMB der Männer mit den geheimnisvollen Namen Caspar („Schatzträger“), Melchior („König des Lichts“) und Balthasar („Gottesschutz“), die man am Abend vor Epiphanie mit geweihter Kreide oben an die Türstöcke der Wohnungen und Ställe schreibt, damit nichts Böses über die Schwelle treten kann. Die Initialen werden mittlerweile als Abkürzung für die Schutzformel „Christus mansionem benedicat“ („Christus segne dieses Haus“) gedeutet.

Wie ein Abbild des pilgernden Gottesvolks stapfen sie durch das Land, die Sternsinger, in weiße Betttücher oder farbenprächtige Gewänder gekleidet, Kronen aus Goldpapier auf dem Kopf, voran der lange Stab mit dem goldenen Stern. Die Gruppe hat eine uralte Tradition. Sie erinnert an die mittelalter­lichen Dreikönigsspiele: dramatische Darstellungen des weihnachtlichen Geschehens, die in Kirchen und Klöstern aufgeführt wurden, als es noch kaum Bücher und wenige Menschen gab, die lesen konnten.

Heute hat der alte Brauch einen guten neuen Sinn erhalten. Hauptsächlich katholische, aber inzwischen auch evangelische Kinder ziehen in Aktionen der katholischen Gemeinden in der malerischen Tracht der Könige aus dem Orient von Haus zu Haus, singen Lieder, sprechen ein Segensgebet und bekommen dafür Geld, das in der Regel für Missions- und Entwicklungsprojekte in der Dritten Welt verwendet wird. Dieses Jahr stehen die Folgen des Klimawandels insbesondere für den Norden Kenias im Vordergrund. Mit den in Deutschland jedes Jahr gesammelten Geldbeträgen, vergangenes Jahr waren es mehr als 46 Millionen Euro, wurden bereits unter anderem Ernährungsprogramme, ärztliche Versorgung, Hilfsprojekte für Straßen- und Flüchtlingskinder, Fördereinrichtungen für behinderte Kinder und Jugendliche sowie seelsorgerische Aufgaben finanziert. 2015 wurde das Sternsingen in Deutschland in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Es ist die weltweit größte Hilfsaktion von Kindern für Kinder. Christian Feldmann

Mit Lärm und Lebkuchen die Nachtgespenster vertreiben

Was den zwölf „Raunächten“ zwischen Weihnachten und Dreikönig zugrundeliegt – Reste des Aberglaubens auch im Märchen zu finden

Die zwölf Nächte zwischen Weihnachten und Dreikönig heißen nicht deshalb „Raunächte“, weil starker Frost den Boden gefrieren lässt, Raureif entsteht und die Menschen vor Kälte zittern. Tatsächlich kommt der Name von dem alten Brauch, Haus und Stall in diesen Nächten auszuräuchern, was sich bis heute in manchen ländlichen Gegenden an Dreikönig noch erhalten hat.

Seinen Ursprung hat der Begriff möglicherweise aber auch in dem Wort Rauchwaren, unverarbeiteten Tierfellen. Schließlich sollten Unholde in struppigem Pelz zu dieser Zeit angeblich die Lüfte unsicher machen. Das Märchen „Allerleihrau“ der Gebrüder Grimm von einem in Pelzreste gekleideten Mädchen verweist darauf.

Die „wilde Jagd“, das durch die Lüfte fahrende Geistervolk, die umgehenden Toten und die gespenstischen Irrlichter stehen im Zentrum alter Raunachttraditionen, die bis auf die Germanen und die griechisch-römische Antike zurückgehen. Frau Holle (ursprünglich Holda) ist als Überrest der „Schicksalsfrauen“ in unsere Märchen eingegangen. Sie schickt den schützenden Schnee für Wald und Flur, aber auch die verheerenden Lawinen und Winterstürme.

Die Menschen suchten sich gegen das unheimliche Nachtvolk zu schützen. Sie inszenierten lärmende Umzüge im Fackelschein und mit fratzenhaften Masken, weil das laute Rumoren bekanntlich die Geister vertreibt. Darauf gehen auch die Böllerschüsse und das Feuerwerk am schicksalhaften Jahreswechsel zurück. Außerdem hoffte man, dass sich die Dämonen vor den wilden Sprüngen schreiender Horden mit rußgeschwärzten Gesichtern fürchteten. Die Perchtenumzüge in Süddeutschland und Österreich lassen davon noch etwas ahnen.

Manche Menschen versprachen sich mehr davon, die „Schicksalsfrauen“ und Nachtgespenster durch leckere Speisen milde zu stimmen. Sie stellten ihnen – vorwiegend in der Christnacht – Gebäck, Nüsse und Früchte vor die Tür. Dazu kamen Milch, Wasser und die nach speziellem Rezept für die Geisterwelt gebackenen, heute zur Allerweltsspeise gewordenen Lebkuchen. Waren die Gaben am nächsten Morgen verzehrt, durfte man auf gute Ernte und gesundes Vieh hoffen.

Warum sich dieser in die christliche Ära hinübergerettete Aberglaube auf die Zeit am Jahresende zwischen Weihnachten und Dreikönig konzentrierte, ist einfach zu erklären. Diese zwölf Tage und Nächte überbrückten als eine nie ganz in die Koordinaten des Kalenders einzuordnende und deshalb den Menschen nicht ganz geheure Zwischenzeit den Unterschied zwischen Sonnen- und Mondjahr. Für die Zeit von Weihnachten bis Neujahr hat sich der Ausdruck „zwischen den Jahren“ erhalten. Bisweilen wurden die Tage zwischen Heiligabend und Dreikönig als 13. Monat gezählt – und so wurde die Dreizehn zur Unglückszahl. Christian Feldmann

Meistgelesene Artikel