Landeskirche feiert ein buntes Fest für die Freiheit

„Europäischer Stationenweg“ anlässlich des Reformationsjubiläums in Speyer – Kirchenpräsident Schad wirbt für das Friedensprojekt Europa

Gänsehautgefühl bei den Kirchen-Kultur-Tagen: 500 Menschen singen die Ode an die Freude als eine Ode an die Freiheit. Foto: Landry

Ein Gänsehautgefühl sei es gewesen, als am vergangenen Sonntag rund 500 Menschen auf der Speyerer Maximilianstraße zusammen mit der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, pfälzischen Posaunen- und Gospelchören die Europahymne Ode an die Freude als Ode an die Freiheit gesungen haben. Für die Projektleiterin der Landeskirche für das Reformationsjubiläum, Mechthild Werner, war dies einer der Höhepunkte der Kirchen-Kultur-Tage anlässlich des Halts des „Reformations-Trucks“.

Auf seiner halbjährigen Reise durch Europa verbindet das 16 Meter lange Multimediamobil auf seinem „Europäischen Stationenweg“ 67 Städte in 19 europäischen Ländern. Der Stationenweg ist ein zent­rales Projekt im Programm zum 500. Jahrestag der Reformation. Speyer war die 52. Station. Begrüßt wurde der „Truck“ von Kindern aus protestantischen Kindertagesstätten, die dem Fahrzeug aufs Dach stiegen und den Besuchern ein Mut machendes Lied sangen.

Gerade angesichts der Krise Europas sei die europäische Dimension der Reformationsfeiern besonders wichtig, sagte Werner. Sie habe sich deshalb sehr gefreut, dass gerade beim Singen der Ode an die Freiheit die europafreundliche Demonstration „Pulse of Europe“ durch die Speyerer Innenstadt gezogen sei. Dabei sei es zu interessanten Begegnungen zwischen kirchlich und politisch interessierten Menschen gekommen. Bei vielen Gesprächen rund um die Kirchen-Kultur-Tage habe sie festgestellt, dass es immer noch viele Klischees über die Kirche und das kirchliche Leben gebe. Eine große Herausforderung für sie sei es nun, die Reformationsfeiern in die Feiern zu 200 Jahre pfälzische Kirchenunion im kommenden Jahr übergehen zu lassen.

Gekommen war der „Truck“ von seiner 52. Station aus Straßburg. In einem Gottesdienst in der elsässischen Stadt hatte Kirchenpräsident Christian Schad die Christen aufgerufen, für ein geeintes und menschliches Europa einzutreten. Durch nationalistische und ausgrenzende Töne sei das Miteinander der Völker Europas gefährdet, sagte Schad. Das Friedensprojekt Europa brauche Menschen, die aus der Mitte ihres Glaubens heraus Freiheit ausstrahlten sowie Humanität und Nächstenliebe praktizierten.

Für Speyer stellte Oberbürgermeister Hansjörg Eger fest: „Wir können nicht anders als mitzufeiern.“ Schließlich sei die Stadt Geburtsort der Protestation. Auch mit dem Motto der Kirchen-Kultur-Tage „Ich bin so frei“ könne sich die Stadt bestens identifizieren.

Beim Programm rund um den Stationenweg, das am Donnerstag mit einer Podiumsdiskussion mit Altpräsident Christian Wulff begann und am Dienstag mit einem Vortrag des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Andreas Voßkuhle endete, spielte vor allem die Musik eine große Rolle. Die Big Band der Musikschule spielte ebenso wie zahlreiche Straßenmusikanten ihre Ständchen für Luther. Etwas härter ging es beim Rockmusical zu: Bei zwei ausverkauften Vorstellungen in der Speyerer Stadthalle spielten junge Darsteller die Geschichte rund um Luther mit Rockmusik nach.

Auch DJ Olde alias Jannis Schreiner legte für Luther auf. „Reformation bedeutet für mich, Grenzen überwinden“, so der Discjockey. Das wolle er auch mit seinem Musikmix demonstrieren: Die Songs, die er ausgesucht hat, haben alle etwas mit den zentralen Themen der Reformation zu tun. Über 400 Besucher tanzten bei der „Dancenight“ in der Gedächtniskirche zu seiner Musik. „Für mich bedeutet das sehr viel – ich lege auch für Gott auf“, sagte der DJ.

Am Sonntag gehörte die Kanzel der Gedächtniskirche zukünftigen Pfarrerinnen und Pfarrern. Zehn Vikare der Landeskirche sprachen mit ihren „Fensterpredigten“ über die Motive der Kirchenfenster der Gedächtniskirche. „Wir sind Papst?!“ war der rote Faden, der sich durch ihre Predigten hindurchzog. „Wir sind alle Papst, denn wir können alle mitbestimmen, wenn es um den Glauben geht“, erklärte Vikarin Hildrun Mittelstädt aus Schifferstadt. Die jungen Prediger wollten so wie Luther etwas frischen Wind in die Kirche bringen. stm/koc

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