Zoar startet neu nach Untreueskandal um Exvorstand

Diakoniewerk mit Sitz in Rockenhausen will sich dezentralisieren und neue Angebote entwickeln – Direktor Peter Kaiser: Wir wollen wachsen

Für ein gelungenes Miteinander: Die Eingliederungshilfe von Zoar will behinderte Menschen in die Gesellschaft integrieren. Foto: Dressel

Das Evangelische Diakoniewerk Zoar mit Sitz in Rockenhausen stellt sich nach der Einstellung des Strafprozesses gegen seinen ehemaligen Vorstand wegen Untreue neu auf. Der Skandal um den früheren Direktor Helmut Eckert sowie ein langjähriger Innovationsstau machten einen Neustart nötig, sagte Zoar-Vorstand Peter Kaiser dem Kirchenboten.

Zoar war in den vergangenen Jahren in negative Schlagzeilen geraten, weil Eckert nach Angaben der Staatsanwaltschaft mindestens 100 000 Euro veruntreut haben soll. Das Strafverfahren gegen ihn vor dem Amtsgericht Rockenhausen wurde kürzlich gegen eine Geldauflage eingestellt. Ein zivilrechtliches Verfahren vor dem Landgericht Kaiserslautern läuft noch. Zoar fordert von seinem früheren Vorstand knapp 1,5 Millionen Euro Schadenersatz.

Ziel sei es nun, Zoar als modernes, soziales Dienstleistungsunternehmen mit neuen Angeboten weiter auszubauen, sagte Kaiser, der seit drei Jahren Zoar-Direktor ist. Nach Zeiten des „relativen Stillstands“ wolle Zoar mit seinen mehr als 1450 Mitarbeitenden „nach vorne blicken und neue Herausforderungen meistern“, sagte der 57-jährige gebürtige Neustadter, der Betriebswirtschaft und Führungspädagogik studierte. An zwölf Standorten vor allem in der Nord- und Westpfalz sowie in Rheinhessen trägt Zoar Einrichtungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, der Alten-, Kinder- und Jugendhilfe sowie ambulante Hilfsangebote. 1200 Menschen werden stationär und 700 ambulant betreut. 850 Menschen arbeiten in Behindertenwerkstätten.

Zukünftig wolle sich Zoar dezentralisieren und regional mit Partnern in Kommunen, Industrie und Wirtschaft besser vernetzen, kündigte Kaiser an. „Wir wollen auf dem sozialen Markt wachsen.“ Nötig sei es, Angebote in bevölkerungsstarken Regionen wie dem Rhein-Pfalz-Kreis oder in der Region Mainz vorzuhalten: „Wir brauchen Angebote, wo der Markt ist.“ Dabei wolle sich Zoar keinesfalls aus der strukturschwachen und unter dem demografischen Wandel leidenden Nordpfalz zurückziehen.

Große Einrichtungen mit zahlreichen stationären Plätzen hätten keinen Bestand mehr und müssten kleineren Wohneinheiten in Städten und Gemeinden weichen. Vom Inkelthalerhof in Rockenhausen, einer stationären Einrichtung für Menschen mit Behinderung, zögen im Zuge der Regionalisierung 78 von rund 240 Einwohnern in andere Einrichtungen in Alzey, Kirchheimbolanden und Ludwigshafen um. Dort lebten sie in kleinen Gruppen in oder in der Nähe ihrer Heimatgemeinden. Durch die Dezentralisierung solle die Inklusion – das Miteinander von behinderten und nicht behinderten Menschen – vor Ort gefördert werden, sagte Kaiser. In Ludwigshafen werde Ende April ein inklusives Wohnprojekt mit 24 stationären Plätzen eröffnet, zudem sollen dort 17 Appartements, etwa für Studierende, entstehen.

Die einzelnen diakonischen Träger in der Pfalz seien für sich allein wirtschaftlich lebensfähig. Eine Fusion oder engere Kooperation sei nicht nötig, sagte der Zoar-Vorstand und wendet sich gegen entsprechende Forderungen aus Kirche und Diakonie. Die großen Träger – Zoar, Evangelische Heimstiftung Pfalz in Speyer, Diakonissen Speyer-Mannheim und Landesverein für Innere Mission in Bad Dürkheim – hätten ihre jeweils eigenen Angebotsschwerpunkte und ergänzten sich gut. Ein neuer, großer diakonischer Träger könnte bürokratischer und unwirtschaftlich sein, warnt Kaiser.

In Konkurrenz mit privaten Anbietern von sozialen Dienstleistungen wolle Zoar „die Qualitätsführerschaft behalten“, sagte Kaiser. Zoar habe das zurückliegende Geschäftsjahr erfolgreich beendet und neue Geschäftsfelder aufgetan, wie durch den Zusammenschluss der Ökumenischen Sozialstation Brücken zu einer gemeinnützigen GmbH. Neue Unternehmensleitlinien, Weiterbildungen und eine wertschätzende Personalführung sollen zudem bei Zoar für ein besseres Miteinander von Unternehmensleitung und Mitarbeiterschaft sorgen. Alexander Lang

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