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Eine Kirche hat Zukunft,...

Prof. Klaus-Peter Jörns

Prof. Klaus-Peter Jörns

Professor für Praktische Theologie und 1982 Leiter des Instituts für Religionssoziologie und Gemeindeaufbau der Kirchlichen Hochschule Berlin, seit 1993 in denselben Funktionen an der (Evangelisch-)Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin. 1999 Emeritierung.
Veröffentlichungen:
"Lebensgaben Gottes feiern. Abschied vom Sühnopfermahl: eine neue Liturgie", Gütersloh 2007; Notwendige Abschiede. Auf dem Weg zu einem glaubwürdigen Christentum“, Gütersloher Verlagshaus 2004, 5. Aufl. 2010, "Mehr Leben, bitte! Zwölf Schritte zur Freiheit im Glauben", Gütersloh 2009, "Glaubwürdig von Gott reden. Gründe für eine theologische Kritik der Bibel", Stuttgart 2009.


Klaus-Peter Jörns ist Mitbegründer der "Gesellschaft für eine Glaubensreform e.V." (2012)


… die unser tägliches Leben und Denken mit unserem Glauben von Inhalt und Sprache her so verbindet, dass der Glaube in heutigen Worten sagbar wird und mit Lebenser­fahrungen verbunden werden kann, die ihn als lebens­dienlich erweisen;

… die die je eigene Würde aller Geschöpfe achtet, weil sich in ihr die Liebe Gottes zum Leben entfaltet;

… die dem Weg Jesu folgt und beseelt ist von der Ehrfurcht vor dem Leben und der Einsicht, dass Krieg kein Mittel der Politik mehr sein darf;

… die dafür einsteht, dass die Menschenrechte allen Menschen von Geburt an zu eigen sind und durch keine Schuld verlorengehen können;

… die sich von der sogenannten Erlösungslehre trennt, die davon ausgeht, dass mensch­liche Sünde und Schuld des Todes würdig seien und Frieden mit Gott von dem Glauben abhänge, Jesu Leiden und Sterben hätten unsere Schuld gesühnt;

… die Gott von allen Leitbildern eines absolut herrschenden Großkönigs befreit und parallel dazu aus Liturgien und Frömmigkeit alle routinemäßigen Spiege­lun­­­gen dieser Gottesvorstellun­g wie unterwürfige Demut, vernichtende Selbstanklage und unrealistische Besserungsversprechen entfernt;  

… die den selbstkritischen Umgang mit der Bibel fördert, biblische Aussagen ernst, aber nicht wörtlich nimmt und Biblizismus sowie Fundamentalismus ener­­gisch entgegentritt;

… die Theologie und Glauben mit wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Entstehung des Kosmos und die Evolution zusammenzusehen lernt;

… die die Vielfalt der Religionen und Kulturen achtet und nicht nur Judentum, Christentum und Islam, sondern alle Religionen mit dem einen Gott verbindet, der nicht nach (männlicher) Menschengestalt, sondern als Geist und Liebe zu denken ist; 

… die die Mystik und Kontemplation wieder als Glaubensweg ohne Rücksicht auf Dogmen erschließt; 

… die im Abendmahl bzw. in der Eucharistie und anderen Sakramenten Lebens­gaben Gottes feiert, die wir zum Leben brauchen;

… die die Perspektive von Frauen und Männern auch in der Theologie als gleichrangig ansieht und Frauen den Zugang zu allen kirchlichen Ämtern öffnet. 

 

Ich trete deshalb dafür ein, dass …

… Schöpfung als Selbstentfaltung Gottes verstanden wird, die sich in der vergangenen, gegenwärtigen und noch vor uns liegenden Evolution vollzieht und in der auch unser Tun und Lassen eine Bedeutung haben;

… Einsichten aus der evolutionären Entwicklung des Lebens dazu genutzt werden, um das Verständnis des Menschen und seiner Herkunft aus Pflanzen und Tieren von Grund auf neu zu fassen;

… dass das Böse im Wesentlichen mit dem Wilden, Nicht-Zivilisierten zu tun hat, das wir aus der evolutionären Stammesgeschichte in unserem Herkunfts­gedächtnis bewahren und das mit unserem Menschenbild konkurriert;

… ein Leben aller Geschöpfe in Würde, Gerechtig­keit und Frieden nicht mehr von dem Kommen einer großen Rettergestalt erhofft wird, sondern von dem Fortgang der bis heute unabgeschlos­senen Menschwer­dung der Menschen und dem Einsatz möglichst vieler Menschen dafür;

… Krankheit und Sterblichkeit nicht als Strafe gesehen werden, sondern als Zeichen unserer Endlichkeit und – von der Evolution aus – als Mittel, eine Vergrei­sung des Lebens zu verhindern;

... Jesu Leben und Botschaft von Gottes unbedingter Liebe (die mehr ist als Gnade!) und von der friedenstiftenden Kraft der Vergebung als Zentrum des christlichen Glaubens behandelt wird;

… Überlieferungen wie die apostolische Sühne- und Erwählungstheologie, die Jesu Verkün­digung entstellen, in Unterricht und Gottesdienst nicht mehr unkritisch verwendet werden;

… der Botschaft Jesu folgend alle göttlichen Hoheitstitel der Vergangenheit, die einmal für den einen Christus, Sohn Gottes, Heiland etc.  bestimmt waren, auf alle übertragen werden, die den Dienst Jesu an den Menschen fortsetzen, durch Liebe und Vergebungs­bereitschaft (Joh 20,21-23) Frieden stiften (Matth 5,9), „Salz der Erde“ und „Licht der Welt“ (Matth 5,13f) werden und gemeinsam Christus sein wollen, der als Gemeinde existiert (Bonhoeffer);

… die historisch-kritische Erforschung der Bibel im Rahmen des heutigen Bildungswissens entschieden fortgeführt und durch eine theologische Kritik unserer Glaubensüberlieferungen und -lehren ergänzt wird;

… die von der Bibel aus älteren Religionen übernommenen Glaubensvorstel­lun­­gen bei ihrer Auslegung in Predigt und Unterricht ernstgenommen wer­den und nicht mehr so getan wird, als habe Gott – bildlich gesprochen – sein Herz für die Menschheit erst im Zusammenhang mit dem Erscheinen von Juden und Christen entdeckt;

… die Religionsgeschichte als universale Wahrnehmungsgeschichte Gottes verstanden wird, in der die teils nebeneinander existierenden, teils einander ablösenden Lebens- und Gottesvorstellungen nachgezeichnet werden;

… den Gemeinden systematisch auch Glaubensschätze aus anderen Religionen vermittelt werden und dadurch eine neue interreligiöse Ökumene möglich wird.

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Kommentare

Siegfried, 27-07-19 11:35:
In vielen Aussagen stimme ich Prof Jörns zu, z.B.:
- seine Ausführungen zur Abkehr des Sühneopfergedankens.
- seine Gedanken zur Vielfalt der Religionen die in Gott verbunden sind und in der Gott in Geist und Liebe vorkommt.
- meine Meinung hierzu: Interessiert es Gott, welcher Religionsgemeinschaft ein Mensch angehört?
- auch die Aussage: über den selbstkritischen Umgang mit der Bibel, sie nicht wörtlich zu nehmen und dem Biblizismus sowie Fundamentalismus ener­­gisch entgegenzutreten.

Ich glaube, dass diese wenigen Gedanken bzw. Aussagen von Prof. Jörns genug Sprengstoff bieten können, um die 'alte Kirche' ins Wanken zu bringen. Doch ohne eine dem Zeitgeist, den wissenschaftlich, historisch angepassten Erkenntnissen, reformierte Kirche wird es in Zukunft nicht mehr gehen.
Wie viele Kirchenaustritte muss es noch geben, bis wir erkennen, dass eine 'neue Reformation' unumgänglich ist?
Klaus, 19-08-17 11:14:
Reformiert die Kirche! (Joachim Kunstmann) Eine Kirche hat Zukunft (Klaus- Peter Jörns)- Erste Reaktionen und Fragen von Klaus Bümlein
1. Zu beiden Beiträgen
Zuerst beglückwünsche ich die Gemeinde (-Verantwortlichen): für das Wagnis, zum Reformationsjubiläum Türen und Fenster weit zu öffnen, für den Mut, grundlegende Themen zu präsentieren und wissenschaftliche Stimmen für Zukunftsgespräche zu erbitten.
Das Zweite ist der Dank an beide Autoren. Prof. Kunstmann wie Prof. Jörns haben auf wenigen Seiten grundlegende Lebens- und Glauben- Fragen zum Thema gemacht und bedenkenswerte, praktische und weitreichende Vorschläge präsentiert.
Bei beiden Statements verwundert mich: Martin Luther kommt, soweit ich sehe, nicht vor. Meine Frage: Bietet der Reformator von 1517 heute keine Impulse für die Kirchenreform mehr? Sind die Allein- Aussagen überholt? (Allein die Gnade, allein Christus, allein die Schrift, allein der Glaube, allein das Wort?) Hat die damals befreiende Zusage von der „Rechtfertigung“, von der Anerkennung, dem Ansehen bei Gott vor aller Leistung aktuell keinen Sinn?
Bei beiden Autoren spielt der Name „Protestantisch“, „Protestantismus“ keine Rolle. Gibt es keine benennbaren Merkmal des Protestantischen (wie Mut zum persönlichen Glauben, Berufung auf das eigene Gewissen)? Bedürfen Kirche wie Gesellschaft nicht dringend eines protestantischen Einspruch, eines „protestantischen Prinzips“ (Paul Tillich), wenn nicht (mit Jörg Lauster) des „ewigen Protests“?

2. Zu Professor Joachim Kunstmann
K. zeigt meines Erachtens mit überzeugend, wie stark der Wunsch nach einem Leben auch heute ist, in dem „grundlegendes Vertrauen“ und „fraglose Empfindung von Sinn“ erfahren werden. Dass diesem Verlangen die vorhandene Kirche nicht gerecht wird, ist kaum zu leugnen. Bei der Frage, wie eine Reform gelingen kann, leuchten mir besonders zwei Stichworte ein: „Revision des Glaubenskosmos“ und „eine lebbare Form der Spiritualität“.
Ich verstehe K. so: Es geht also einmal um eine ehrliche Überprüfung der dogmatischen Glaubensinhalte gegenüber heutigem Lebensgefühl und aktueller Kritik. Aber das Ziel scheint nicht ein kirchliches „Credo 2017“ zu sein, sondern eher der Verzicht auf allgemein formulierte Glaubensüberzeugung. Oder um die persönliche „Erfahrung der Liebe, nicht um Glaubensinhalte!“
Hier wünsche ich mir für das Gespräch am 31.10. (und darüber hinaus) konkrete Beispiele und realisierbare Vorschläge.

3. Zu Professor Klaus- Peter Jörns
Mit jeweils 12 Sätzen weist J. Forderungen an eine Kirche, die „Zukunft hat“, auf und bringt in einem zweiten Durchgang zur Sprache, wofür er eintritt.
Dabei nennt er wichtige Glaubensthemen, bei denen er einen Abschied von traditionellen Bekenntnissen als erforderlich ansieht. Beispielhaft nenne ich die „Erlösungslehre“ und die Aussage von der Vorstellung, als hätte das Leiden und Sterben Jesu „unsere Schuld gesühnt“(1,5), Gott im Bild eines „absolut herrschenden Großkönigs“ (1,6), ein „Biblizismus“ oder „Fundamentalismus“, der die biblischen Aussagen „wörtlich“ nimmt. (1,7)
Auch die Veränderungen, für die J. eintritt, klingen ebenso anregend wie aufregend. Wieder als Beispiel genannt: die „Sühne- und Erwählungstheologie“ nicht mehr unkritisch verwenden (2,7)„Glaubensschätze aus anderen Religionen“ vermitteln und „eine neue interreligiöse Ökumene“ ermöglichen(2,12)
Meine Frage an diese Versuche heißt: können moderne Formulierungen des Glaubens die biblischen Worte wirklich ersetzen? Sind sie „erledigt“? Gerade wenn es um das Verständnis des Todes Jesu geht? Oder braucht es weiter den Dialog mit den Glaubens- Bildern, den Jesus- Bekenntnissen und Gottes- Erfahrungen der Bibel, in der Erwartung, hier einen unausschöpfbaren Mehr- Wert, ja einen „Überschuss“ an reformatorischen Energien zu entdecken?
Cornelia, 12-04-17 15:34:
Dass unser Tun und Lassen eine Bedeutung hat, das stimmt ohne Zweifel. Krankheit, sehe ich nicht als Strafe. Krankheit ist für mich ein göttlicher Impuls. Ein göttlicher Hinweis, gestoppt zu werden. Den Lebensweg, das Tun, zu überdenken, andere Wege einzuschlagen. Einige Ansichten erscheinen mir sehr negativ und das habe ich auch in dieser Art noch gar nicht erlebt. Weder im Unterricht noch in den Predigten. Die Worte sind in den Predigten meist sehr verständlich und einen Bezug zum Leben gibt es ebenso. Abschließend möchte ich einen Hinweis geben. Die Professoren schreiben auf so einem hohen Niveau. Ein durchschnittlich gebildeter Mensch kann diesen Worten nur schwer folgen. Wer nicht gerade studiert hat, der wird hier zwangsläufig ausgeschlossen. Das ist sehr bedauerlich.