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Das Instrument

Zum Download: Disposition (PDF)

Orgelbaugeschichte der Apostelkirche Ludwigshafen

Die Orgel der Apostelkirche hat, auch wenn dies auf den ersten Blick nicht erkennbar ist, bereits eine bewegte Geschichte. Als die Kirche 1894 in Dienst gestellt wurde, hatte sie bereits eine Orgel der damals weltbekannten Firma Wilhelm Sauer aus Frankfurt an der Oder mit zwei Manualen und 24 klingenden Registern (Opus 632; Gehäuse: Kunstanstalt Schulz, Potsdam nach dem Originalentwurf des Architekten der Apostelkirche, Joh. Otzen). Das Metall dieses Instruments musste 1917 zu Kriegszwecken abgeliefert werden.
In den Jahren 1924/25 wurde die Orgel von der Firma G.F. Steinmeyer & Co (Oettingen/Bayern) grundlegend renoviert, auf 30 Register erweitert, mit einem Elektromotor für das Gebläse versehen und erhielt die Opus Nr. 1395.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Orgel der Apostelkirche durch Schäden am Dach und Witterungseinflüsse sowie "Plünderungen" stark geschädigt (1228 Pfeifen waren entwendet worden!) und es kam zu einem Neubau, wiederum durch Steinmeyer.
In Umkehrung der Vorkriegsverhältnisse bekam nun die Apostelkirche die dreimanualige Orgel (Opus 1814); dies bereits 1952, während die Friedenskirche 1958 (nach dem Neuaufbau 1956) nur eine zweimanualige bekam. Beide von Steinmeyer und beide bis heute erhalten.
Bei der Einweihung war die Orgel mit dem neuen Freipfeifenprospekt nach einem Entwurf von Dr. Winzinger jedoch noch etwas kleiner als zurzeit, sie hatte 39 Register, rund 2700 Orgelpfeifen, die größte 6,5 Meter lang, die kleinste gerade mal 10 Millimeter.
KMD Karl Kohlmeyer ließ 1964 die Disposition etwas ändern (SW Salizional 8' statt Quintade 8', Pedal Rohrflöte 2' statt 1' und Mixturbass 2 2/3' statt 4') und den Spieltisch auf einen fahrbaren Untersatz setzen.
1994 wurde die Orgel generalgereinigt und dabei leicht umgebaut und erweitert: Das  Hauptwerk wurde um Gambe 8', Cornett und Clarine 4' auf neuer Lade erweitert, das Rückpositiv erhielt zusätzlich Sifflöte 1' aus dem Schwellwerk, Trechterregal wurde gegen Krummhorn getauscht. Anstelle von Sifflöte wurde im Schwellwerk eine Trompete 8' eingesetzt. So präsentiert sich die Orgel bis heute mit nun 43 Registern.

Die Steinmeyer-Orgel von 1952
Gutachten des Orgelsachverständigen Gero Kaleschke von 1994

Die Orgel der Apostelkirche in Ludwigshafen ist ein sehr bemerkenswertes Instrument aus der unmittelbaren Nachkriegszeit, das trotz aller zeitbedingten Materialbeschränkung einen grundsoliden und handwerklich sehr guten Eindruck hinterläßt. Der große Freipfeifenprospekt besticht durch Originalität (Einbeziehung von Posaunenbecher als Gestaltungselement, breites Mittelfeld mit Pfeifen von Prinzipal 16', vorspringende Seitenfelder mit den Prinzipalen 8', Rückpositiv als verkleinerte Kopie des Hauptprospekts); er kann mit Recht zu den besten Lösungen dieser Art gezählt werden.
Die Disposition folgt glücklicherweise nicht dem damals allgemein üblichen neobarocken Schema, sondern zeigt eine wohltuende "Selbständigkeit", die auch heute noch ihre Gültigkeit hat. Die Orgel offenbart ein kraftvolles Plenum, und die Einzelstimmen sind sehr charakteristisch intoniert.
Die späteren geringfügigen Dispositionsänderungen haben der Orgel nicht geschadet; sie haben aber die Nutzung des Registerfundus erweitert.
Der einzige größere Nachteil besteht in dem, nach heutigen Begriffen, minderwertigen Pfeifenmaterial; doch ist durch eine hohe Intonationskunst dieser Mangel vor allem im Kirchenschiff kaum wahrnehmbar. Der Raum mildert zudem - das Gewölbe über der Orgel bildet einen nahezu idealen Reflektor -  noch gewisse Schärfen.
Der innere Aufbau entspricht nicht dem bei Schleifladenorgeln gewohnten Werkaufbau; nur Rückpositiv und Schwellwerk bilden in sich abgeschlossene Teilwerke, während die Register von Pedal- und Hauptwerk, nicht zuletzt wegen des Propsektaufbaus, auf mehrere Windladen verteilt sind.
Die Orgel kann trotzdem mit Fug und Recht zu den bedeutendsten Nachkriegsorgeln und schon jetzt als historisch bedeutsames Instrument bezeichnet werden, dies nicht zuletzt wegen der handwerklichen Verarbeitung, der ausgewogenen Disposition und der künstlerischen Intonation.

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